Nach Todesfall: Grüne kritisieren Taser-Einsätze der Polizei

6.11.2018, 05:54 Uhr
Nach Todesfall: Grüne kritisieren Taser-Einsätze der Polizei

© Michael Matejka

Seit 2006 führen die Spezialeinsatzkräfte (SEK) in Bayern sogenannte Taser. Das sind spezielle Elektroimpuls-Waffen, mit denen Personen fünf Sekunden lang außer Gefecht gesetzt werden können. Innerhalb der vergangenen zwölf Jahre sind Taser laut Innenministerium rund 40 Mal zum Einsatz gekommen. Bis heute sei es zu keinen "schwerwiegenden Verletzungen" oder gar Todesfällen gekommen, so ein Sprecher. "Es wird vor jedem Einsatz ausgiebig geprüft, ob es auch mildere Maßnahmen gibt, um eine Bedrohungslage zu entschärfen."

Am 22. Oktober allerdings ist in Nürnberg-Gostenhof ein randalierender Mieter nach einem Polizeieinsatz gestorben. Kräfte des SEK verwendeten dabei auch einen Taser, um den unter Drogeneinfluss stehenden Mann zu überwältigen. Nachdem die Wirkung der Elektrostöße nachgelassen hatte, leistete der Mann abermals erheblichchen Widerstand. Erst ein Notarzt, der bei SEK-Einsätzen immer dabei ist, konnte den 43-Jährigen durch Medikation sedieren. Wenig später kollabierte der Mann, musste intensivmedizinisch behandelt und in eine Klinik gebracht werden. Kurz darauf starb er im Krankenhaus.

Grünen harren auf Aufklärung

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat daraufhin unter anderem den eingesetzten Taser sichergestellt. Der Verstorbene wurde obduziert, ein chemisch-toxikologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Ein Ergebnis der Untersuchungen liegt noch nicht vor. "Das kann mindestens noch zwei Wochen dauern", sagt Antje Gabriels-Gorsolke, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Die Grünen im Landtag und im Stadtrat kritisieren unterdessen den Taser-Einsatz und die geplante Ausweitung der Waffe auf weitere Polizeikräfte in Bayern. "Vor dem Hintergrund des bisher ungeklärten Todesfalls ist die Aussage des Innenministeriums, es gebe in Bayern bisher keine Todesfälle durch Taser-Einsatz, geradezu zynisch", meint Grünen-Landtagsabgeordnete Verena Osgyan. Die Umstände des Polizeieinsatzes und die Todesursache müssten rasch aufgeklärt werden, ehe eine Ausweitung des Gebrauchs dieser Waffe überhaupt diskutiert werden könne.

Die Ökopartei bezieht sich auf eine Stellungnahme von Amnesty International. Demnach werde "die Gefährlichkeit des Einsatzmittels Taser regelmäßig unterschätzt". In diesem Zusammenhang hat Amnesty zwischen 2001 und 2017 insgesamt 802 Todesfälle in den USA dokumentiert, zu denen es beim Einsatz des Tasers kam. Amnesty weist auch darauf hin, dass der Einsatz der Geräte für Menschen unter Alkohol- und Drogeneinfluss, aber auch mit Herz-Kreislauf-Problemen tödliche Folgen haben kann.

Bayerische Polizei wird weiter ausgerüstet

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) gibt Kontra: "Bis dato gibt es keine Anhaltspunkte, dass der Taser ursächlich schuld am Tod des 43-Jährigen ist", stellt Landesvorsitzender Rainer Nachtigall klar. Dagegen spreche besonders, dass der Mann, der von einer Brüstung springen wollte, nach dem Einsatz des Elektroimpuls-Gerätes weiter massiven Widerstand leistete. "Ich weiß nicht, welche Geräte in den USA verwendet werden. Die beiden Typen X 26 und die nächste Generation X 2, die hier eingesetzt werden, wurden vom physikalisch-technischen Institut in Münster geprüft und für den Polizeidienst in Deutschland freigegeben", sagt Nachtigall.

500 Beamte sollen ab Ende des Jahres am neuen Taser X 2 geschult werden, heißt es im Ministerium. Bayern beschafft 37 Geräte, zwölf für die Ausbildung und 25 für den Einsatz. Damit werden Unterstützungskommandos (USK) und Einsatzzüge in Aschaffenburg, Straubing, Regensburg und Kempten ausgerüstet.

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