Großoperation am Verkehrsknoten im Süden

21.9.2017, 05:56 Uhr

Bis man von dieser Mega-Baustelle etwas sieht, dauert es noch. Bis 2019 mindestens. Bernhard Homering legt sich da nicht fest. Er leitet das Projekt Hafenbrücken beim Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR). Die Dimension ist so groß, dass er nun schon im zweiten Jahr daran tüftelt, mit mittlerweile acht Kollegen und drei privaten Planungsbüros. "Bauen ist das eine. Aber alle Betroffenen einzubeziehen und zu koordinieren, macht es etwas schwieriger. Das ist viel Denksport gerade."

Damit die Umgebung besser gerüstet ist für den Ausweichverkehr während der mehrjährigen Bauzeit, lässt die Stadtverwaltung bereits jetzt Straßenkapazitäten ausweiten. Im Oktober will SÖR beginnen, die Einmündung der Wiener Straße in den Marthweg um zusätzliche Abbiegespuren zu erweitern. Im Frühjahr 2018 werde es dabei auch einmal zur Totalsperre mit Umleitung kommen müssen, kündigt Bürgermeister Christian Vogel an. Zu dieser Zeit soll auch die Anschlussstelle Königshof an der A 73 mit Ampeln ausgebaut werden, damit Lkw den Marthweg leichter als Zubringer zum Hafen nutzen können.

Bei den Hafenbrücken handelt es sich um zwei Verkehrsachsen, die nahe dem Hafen über den Main-Donau-Kanal und die Südwesttangente führen. Die erste ist ein Abschnitt des Frankenschnellwegs, die andere ein Stück der Hafenstraße. Letztere besteht sogar – der Autofahrer bemerkt es nicht – aus zwei Brücken. Langfristig gelten die drei Brücken als nicht mehr sicher. Die Bauverwaltung entschied: Sie müssen abgerissen, neu errichtet und solange durch Behelfsbrücken ersetzt werden. Erste Kostenschätzung von 2015: satte
137 Millionen Euro.

Gewappnet nach dem Frankenschnellweg

Alte Spannbetonbrücken sind bundesweit zu Problemfällen des Straßenbaus geworden. Als sie in Nürnberg um 1970 entstanden, versprach das damals noch junge Verfahren unerreichte freitragende Weiten. Mit ihren 300 Metern ist die Frankenschnellweg-Hafenbrücke die längste der Stadt. Inzwischen weiß man um die Schwächen der Technik. Der Spannstahl im Beton – heute schützt man ihn besser – ist anfällig für Korrosion und damit für Risse.

Wie sehr er wirklich verrostet ist, weiß allerdings niemand. "Wir müssten den Beton durchlöchern wie einen Schweizer Käse, dann sähen wir es", sagt Bernhard Homering. "Aber dann wären die Brücken auch kaputt." Die Entscheidung zum Abriss anstelle einer Sanierung beruht also letztlich auf Annahmen. Auf einen Einsturz deute momentan nicht das Geringste hin, betont Homering.

"Wir sind in der kreativen Phase", erklärt der Bauingenieur. So sei noch offen, ob die Brücken wieder aus Spannbeton oder im Stahlverbundverfahren errichtet werden. "Sie sollen wieder 70, 80 Jahre halten und kostengünstig bleiben." Was bereits sicher ist: Die drei Brücken werden gleichzeitig in Angriff genommen und nicht nacheinander. Damit will man verhindern, dass sich der Verkehr in der Bauzeit auf eine von ihnen verlagert – das könnte ihre Substanz gefährlich schwächen. Noch in diesem Jahr sollen Vorentscheidungen fallen, nächstes Jahr Entwürfe stehen. Dann folgt ein Planfeststellungsverfahren.

Nach der jahrelangen Verzögerung beim Frankenschnellweg-Tunnel, der in diesem Prozess durch eine Klage juristisch aufgehalten wurde, will sich die Stadtverwaltung bei diesem Großprojekt besser auf die Genehmigung vorbereiten. "Als Vorsichtsmaßnahme" finde bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung statt, sagt Homering. Ausführlich arbeiten die Planer derzeit Lärm-, Verkehrsplanungs- und Biologiefragen aus, haben bereits Firmen im Hafen sowie Anwohner in Eibach und Maiach informiert. Der formale Ablauf soll diesmal keine Angriffsfläche bieten.

Was erschwerend hinzukommt: Die Hafenbrücken entstanden einst in einem viel kleineren Nürnberg, auf der sprichwörtlichen grünen Wiese. Es gab den Kanal und die Südwesttangente noch nicht. Heute ist ein Verkehrsknoten dazugewachsen, den täglich Zehntausende Fahrzeuge benutzen. Der Brückenaustausch muss bei fließendem Verkehr erfolgen. Die Schifffahrt und das Hafen-Logistikzentrum sollen unterbrechungsfrei weiterlaufen.

Trotz immenser Ausgaben ist der Ersatz von Brücken kein Prestigeprojekt für eine Kommune. Die Optik wird sich kaum verändern, die Bauwerke sollen nur etwas schmaler als die alten werden. Ingenieure wie Bernhard Homering schätzen die Aufgabe dennoch: "So etwas von den ersten Ideen bis zur Fertigstellung in allen Phasen zu begleiten, macht das Ganze sehr spannend." Der 39-Jährige befasste sich bereits in seiner Diplomarbeit mit – natürlich der Tragfähigkeit von Brücken.

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