Neue Spur im Fall Heidi D.? Polizei lässt nichts unversucht

15.5.2018, 11:25 Uhr
Mit speziellen Hunden durchkämmt die Polizei das Areal in Fischbach.

© NEWS5 / Grundmann Mit speziellen Hunden durchkämmt die Polizei das Areal in Fischbach.

Am Montagmorgen gegen 6 Uhr ist die Mordkommission mit ihrem Gefolge hier angerückt, den richterlichen Durchsuchungsbeschluss in der Tasche. "Die Maßnahme kann bis zu zwei Tage dauern", sagt Polizeipressesprecher Bert Rauenbusch. Jeder Stein wird hier umgedreht. "Wir wollen aber am und im Haus möglichst nichts zerstören, wenn es nicht sein muss."

Die Ermittler suchen nach Überresten der Postbotin Heidi D., die vor viereinhalb Jahren spurlos verschwunden ist. Die damals 49-Jährige hatte Mitte November 2013 das Haus zum Joggen verlassen und ist nie wieder aufgetaucht. Ihre Papiere, Geldbörse und ihr Handy ließ sie im Haus in der Pellergasse liegen. Erst Tage später meldete der Lebensgefährte Heidi D. als vermisst. Die Kripo ermittelt seitdem in drei Richtungen. Erstens: Die Postbotin setzte ihrem Leben ein Ende. Zweitens: Sie verließ ihren Partner und baut sich woanders eine Existenz auf. Oder drittens: Sie wurde Opfer eines Gewaltverbrechens.

Letztere Annahme rückte zunehmend in den Vordergrund. "Es gibt in dem Fall weniger Anhaltspunkte für ein freiwilliges Verschwinden als für ein Verbrechen", sagt Rauenbusch. Der latente Verdacht gegen den Lebensgefährten, Heidi D. getötet zu haben, habe immer bestanden. Bisher hat die Kripo dem 53-Jährigen aber nichts nachweisen können.

Bereits 2015 standen die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth und der zuständige Ermittler der Mordkommission mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Türe des Lebensgefährten - damals ging es in erster Linie um einen Betrugsvorwurf. Die Beamten zogen jedoch ohne Ergebnis wieder ab. Warum jetzt nach so langer Zeit wieder durchsucht wird? Rauenbusch: "Man hat in der Zwischenzeit weitere Indizien gefunden, die den Tatverdacht gegen ihn erhärten."

Um jetzt Licht ins Dunkel zu bringen, will die Mordkommission Nürnberg offenbar nichts unversucht lassen. Unter den Augen des Lebensgefährten von Heidi D. räumt die Bereitschaftspolizei zwei Gartenhütten und die Garage aus. Die Gegenstände laden sie auf den Lkw, der auf dem Grundstück steht. "Die Sachen werden genau untersucht", so der Polizeisprecher. Schubkarrenweise schaffen die Beamten die Teile heraus. Die Räume sind bis oben vollgestellt.

"Archaeo-Dogs" schnüffeln

Auch Leichenspürhunde sind im Einsatz. Die Kripo Nürnberg forderte außerdem sogenannte Archäologie-Hunde an, die zum Verein "Archaeo-Dogs" aus dem oberbayerischen Landkreis Miesbach gehören. Die drei "Spürnasen" sind eigentlich für Nekropole gedacht, das sind baulich gestaltete größere Begräbnis- und Weihestätte des Altertums sowie der Ur- und Frühgeschichte. In den historischen Gräberfeldern sollen sie nach Überresten, Knochen und Skeletten früherer Völker suchen.

Die Spürhunde haben nach Auskunft der Polizeipressestelle auch schon angeschlagen, tatsächlich gefunden wurde bisher noch nichts. Die Polizei ist technisch so ausgerüstet, dass sie Mauerwerke untersuchen und mit Presslufthämmer zerlegen könnte.

Spezialisten der Technischen Universität München und Biologen des Bayerischen Landeskriminalamtes sind dabei, mit Ultraschallgeräten und anderen Methoden Wände und Böden zu untersuchen, ob dort möglicherweise einmal eine Leiche lag oder versteckt war.

Brüchige Beziehung

Den Fall Heidi D. hatte im vergangenen Dezember auch die ZDF-Fernsehsendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" aufgegriffen. D.s Beziehung zu ihrem Lebenspartner wird darin als brüchig dargestellt. Die Postbotin war auf der Suche nach einer neuen Wohnung und wollte das Wohnhaus in der Pellergasse, das ihr zur Hälfte gehört, verkaufen.

Das bestätigt auf Anfrage D.s Schwester Petra Prado. Um der Beziehung mit dem 53-Jährigen ein definitives Ende zu setzen, schaltete sie auch Kontaktanzeigen. Es kam auch zu Treffen mit Männern, in diese Richtung gibt es aber keine heiße Spur, hieß es. Dass D. kurz vor ihrem Verschwinden ein großes Fest zu ihrem 50. Geburtstag geplant und Gäste bereits eingeladen hatte, macht aus Sicht der Ermittler die Varianten "Selbstmord" und "Flucht" noch unwahrscheinlicher.

Jahre später, im vergangenen März, kam das Haus in der Pellergasse unter den Hammer. Der Lebensgefährte hat die Kreditraten alleine nicht mehr stemmen können. Eine Baufirma mit Sitz in München hat das Anwesen in Fischbach für 180.000 Euro ersteigert. Den Anstoß zur Versteigerung gab D.s Schwester. "Ich handle in Heidis Interesse. Sie wollte verkaufen", so Prado. Diesen Vorstoß versuchte der Lebensgefährte, dem auch die Hälfte des Hauses gehört, allerdings zu verhindern - mit einem ärztlichen Attest. Das Ansinnen hatte aber keine Chance.

Ein Gutachter hat den Verkehrswert der Immobilie auf 313.000 Euro geschätzt. Der halbe Erlös aus der Versteigerung landet auf dem Konto von Heidi D. - das existiert immer noch und wird nach wie vor von ihrer Schwester verwaltet.