„Nicht mit uns“

22.1.2012, 19:00 Uhr
„Nicht mit uns“

© Eduard Weigert

Der Raum platzt aus allen Nähten. Rund 120 Nutzer und Freunde des Nachbarschaftshauses sind gekommen, um gegen die geplante Abschaffung der Sonntagsöffnung, die zum 1.April in Kraft treten soll, zu protestieren. Ebenso haben zahlreiche Stadträte am verregneten Samstagnachmittag den Weg hierher gefunden. Das Engagement ist groß, die Empörung auch. „Nicht mit uns“ — lautet die Botschaft.

Aufgebrachte Stimmung

Aufgeregtes Stimmengewirr in gleich mehreren Sprachen tönt durch den Raum, die Stimmung ist aufgebracht. „Das ist ein Armutszeugnis“, schimpft eine Frau. „Ich bin zwar sonntags nicht hier, aber die vielen Kinder...“ Dann geht es los. Klara Langmar, Leiterin des Nachbarschaftshauses, und der Chef des Sozialamtes, Dieter Maly, berichten kurz zum Stand der Dinge und eröffnen dann die Diskussion.

Wie berichtet, sorgt die Abdeckung des Hausmeisterdienstes im Nachbarschaftshaus für Probleme. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht fielen hier im Sommer 2011 zwei Zivildienststellen weg. Der neue Bundesfreiwilligendienst konnte die Lücke nicht schließen. In den letzten Monaten sprang die Belegschaft des Hauses sonntags beim Hausmeisterdienst ein.

Dauerhafte Lösung

Doch nun werde nach einer dauerhaften Lösung gesucht, betont Maly. Die Rede ist von zwölf Hausmeisterstunden im Jahr. Eine Summe von 10000Euro wäre nötig, um Fremdpersonal zu finanzieren. Doch dieses Geld ist nicht da. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, die Öffnungszeiten zu reduzieren“, kündigt Maly an. Dabei sei eine Schließung am Sonntag mit Blick auf die Zahl der Nutzer die verträglichste Lösung, auch wenn über 200 Kinder betroffen seien. Derzeit steht die traditionelle Stadtteileinrichtung täglich den vielen Gruppen aus unterschiedlichen Nationen zur Verfügung — insgesamt 91 Stunden die Woche.

Bei der anschließenden Diskussion meldet sich Beiratsvorsitzender Rolf Engelmann als Erster zu Wort. Er betont, dass der Sonntag „ein wahrer Ehrenamtstag“ sei, den man nicht beschneiden dürfe und nennt die beabsichtigte Schließung einen „schlechten Aprilscherz“. Engelmann: „Wir wollen eine Beibehaltung der sieben Tage, schließlich kennt Begegnung und Integration keinen Ruhetag“ — und erntet tosenden Applaus.

Spendenaktion?

Rund 30 Wortbeiträge folgen. Die Vorschläge reichen von Spendenaktionen bis zur Erhöhung der Raumnutzung. Doch vor allem wird Kritik geäußert, dass die Schließung nicht die verträglichste, „sondern die einfachste und bequemste Lösung“ sei und dass die Stadtverwaltung die Angelegenheit ausgesessen habe. Brigitte Wellhöfer, Fraktionschefin der Grünen, fordert: „Die Rücknahme des Zivildienstes darf nicht auf dem Rücken des Nachbarschaftshauses ausgetragen werden.“ Sie hatte bereits im Dezember einen Antrag an den Sozialausschuss gestellt, zur Situation zu berichten und die bisherigen Öffnungszeiten beizubehalten.

Am Schluss sagt Dieter Maly: „Mit 90 Prozent der Wortbeiträge bin ich einverstanden, weil sie richtig sind.“ Dem Vorwurf, dass man zu spät reagiert habe, widersprach er: „Wir waren nicht untätig und haben anfangs im Team, dann in der Dienststelle versucht, eine Lösung zu finden.“ Sein Favorit wäre, „die fehlenden Stunden mit einem Schließdienst in Verbindung mit Bürgerarbeit und Bufdis aufzufangen“. Maly zeigt sich optimistisch: „Ich gehe davon aus, dass wir mit Hilfe des Stadtrats eine Lösung finden und die Schließung verhindern können.“ Und so wird also am 8.März im Sozialausschuss über die Zukunft des Nachbarschaftshauses entschieden.

Keine Kommentare