NN-Kunstpreis: Refugien der Stille und Farbigkeit

15.8.2013, 12:30 Uhr
NN-Kunstpreis: Refugien der Stille und Farbigkeit

© Michael Matejka

Es ist Feierabend auf dem gleichnamigen Bild von Jochen Lebert: In dunklem Nachtblau stehen die leeren Bierbänke und -tische in Reih und Glied in einem riesigen Biergarten, in dem vor wenigen Stunden sicherlich noch das Leben tobte. Jetzt herrscht Stille - bis der Andrang der Unterhaltungswilligen wieder einsetzt. Wunderbar fängt Jochen Lebert (Jahrgang 1939), der aus Würzburg stammt und in Dittenheim lebt, diese Stimmung auf seinem Acryl-Gemälde ein: Urbanes Leben im Ruhezustand.

Unter Palmen

Bleiben wir in den Städten: Durch das "Tor in einem Hof“ führt Lena Krasotina den Betrachter auf ihrem Bild, dessen Titel das beschreibt, was man sieht. Oder was man auf den ersten Blick zu sehen glaubt. Denn irgendetwas stimmt nicht mit diesem fahl-grünen Tor, hinter dem sich Garagenhöfe und triste Hausfassaden erheben...

Durch die rosarote Brille sieht man dagegen die Welt auf Sonja Webers fast drei Meter breitem Landschaftsbild und man fragt sich: Ist das gemalt? Gezeichnet? Gedruckt? Wer die Künstlerin kennt, weiß, dass ihre auf Keilrahmen aufgezogenen Bilder gewebt sind. "Pink Palm“ heißt das ausgestellte Panorama treffend und steht für viele Betrachter sicherlich auch als rosaroter Traum vom unbeschwerten, sonnigen Sommerurlaub unter Palmen.

NN-Kunstpreis: Refugien der Stille und Farbigkeit

In ganz andere, unwirtlichere Regionen führt uns Gerhard Rießbeck: Sein farbkräftiges "Streifenhaus“ steht einsam mitten im Eis wie eine verheißungsvolle Leucht-Boje in klirrend kalter Nacht. Die Malerei als Rettungsanker?

Es sind stimmungsvolle und rätselhafte, harmonische und bedrohliche, unberührte und urbane, gegenständliche und abstrakte (Farb-)Landschaften, in die uns die Künstler dirigieren. Das tun sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise: Mal mit lockerem, großzügigen Strich, dann wieder mit malerischen Elementen, die an Schablonen denken lassen. Mal mit beherzten Griffen in die Malerpalette, dann wieder mit ganz reduzierten Farbtönen oder gar als schwarz-weiße Grafik.

Die Ausstellung zeigt aber nicht nur Kunst für die Wand, sondern auch für den Tisch, den Sockel und den Boden. Herbert Mehlers organische Skulptur "Stella del Mattino“ aus Corten-Stahl ruht gleich hinter der Eingangstür auf dem Holzboden. Man kann sie umrunden und ihren Schattenwurf an der Wand aus unterschiedlichen Positionen betrachten. Michaela Biets "Zellen“ aus Sandstein werden auf hölzernen Stelen präsentiert und auch Wilhelm Uhligs weiblicher "Figur“, einem Torso aus Bronze, begegnet der Betrachter auf Augenhöhe.

Außergewöhnliche Schalen, darunter eine aus Kupferringen in Lichtblau, steuert Annette Zey bei. Und ihr Kollege, der Silberschmied Paul Müller, sorgt für Leuchtkraft mit seinem "Großen König der Nacht“, einem sachlich klaren, achtarmigen Kerzenleuchter aus pulverbeschichtetem Edelstahl in Knallrot.

NN-Kunstpreis: Refugien der Stille und Farbigkeit

Welches sind die besten Arbeiten in dieser anregenden Schau? Diese Frage wird wohl jeder ganz nach persönlichem Geschmack und künstlerischen Vorlieben nach dem Besuch der Ausstellung anders beantworten — vielleicht auch durch den Erwerb eines der Werke, die alle verkäuflich sind. Die siebenköpfige Jury, die aus fast 700 Bewerbern die konzentrierte Auswahl von 52 Künstlerinnen und Künstlern getroffen hat, vergab insgesamt zehn Preise an vorwiegend junge Ausstellungsteilnehmer.

Maler in der Mehrheit

Die Hauptauszeichnungen erhielten aufstrebende Maler: Jochen Pankrath, Christian Fichtl und Philipp Kummer. Weitere Preise gingen an Anita Blagoi, Fabian Engl, Jan Gemeinhardt, Michael Kamann, Kai Klahre und Anna Maria Schönrock.

Bruno Schnell, der Verleger der Nürnberger Nachrichten, sprach zwei Künstlern jeweils einen unjurierten Sonderpreis zu: dem Maler Herwig Lewandowski für sein Landschaftsgemälde "Spiegelungen“ und dem Bildhauer Wilhelm Uhlig, der seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Vertretern figürlicher Plastik in Deutschland zählt.

Insgesamt wurden Preise im Gesamtwert von 46000 Euro vergeben. Damit gehört der NN-Kunstpreis, der zum 21. Mal vergeben wurde, zu den höchstdotierten Auszeichnungen für bildende Kunst in der Bundesrepublik. Und er zeigt eindrucksvoll die Qualität der regionalen Szene.


Die Ausstellung zum 21. Kunstpreis der Nürnberger Nachrichten ist bis zum 8. September im Kunsthaus (Königstraße 93) zu sehen. Das Kunsthaus befindet sich im Künstlerhaus. Geöffnet ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Führungen durch die Ausstellung finden an jedem Sonntag um 14 Uhr statt. Organisiert werden sie vom Kunst- und Kulturpädagogischen Zentrum. Die Teilnahme kostet zwei Euro, eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.
 

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