Nur ein Privatmann klagt gegen den Frankenschnellweg

8.8.2015, 15:00 Uhr
Nur ein Privatmann klagt gegen den Frankenschnellweg

© Stefan Hippel

In dem Verfahren wird geprüft, ob der Freistaat eine Richtlinie der Europäischen Union zur Umweltverträglichkeitsprüfung von Straßen nicht umgesetzt hat und sie deshalb beim Planfeststellungsverfahren der Regierung von Mittelfranken nicht berücksichtigt wurde.

Harald Wildes 140 Quadratmeter großes Reiheneckhaus, das von einem 340 Quadratmeter großen Garten umgeben ist, liegt in der Burgfarrnbacher Straße direkt an der rund fünf Meter hohen Lärmschutzwand des Frankenschnellwegs. Aus dem oberen Stockwerk kann er gerade noch über die Betonröhren hinwegblicken. 1992 kaufte Wilde bewusst das Haus, obwohl er wusste, dass aufgrund der Wohnlage mit Lärm und Emissionen zu rechnen ist. „Es war 50.000 Mark billiger als ein vergleichbares Reihenhaus und ich wollte eine finanziell sichere Lösung haben“, begründet Wilde seine Entscheidung, im Schatten der Lärmschutzwand zu leben.

Wilde lebt aber nur teilweise in dem Haus in Nürnberg, denn der Betriebswirtschaftler hat eine Professur an der Fachhochschule Stralsund. Dass er klagt, begründet der 61-Jährige mit seiner Furcht vor noch mehr Verkehr: „Nach dem Ausbau einer Straße ist das Verkehrsaufkommen nie gleich geblieben und ich bin in der ersten Reihe hinter der Lärmschutzwand. Wenn es keine Hindernisse mehr gibt, dann ist der Anreiz groß, durchzufahren.“

Mehr Verkehr bedeutet aber auch mehr Abgase und potenziell ein Sinken des Immobilienpreises für das Haus, ist Wilde überzeugt. Ob die geplante acht Meter hohe Lärmschutzwand besser als die vorhandene ist, will Wilde nicht beurteilen: „Vielleicht bekommen wir vom Lärm her bessere Werte. Bei den Abgasen wird es aber schlechter. Es kann niemand voraussagen, wie viele Abgasemissionen es über die Mauer schaffen.“

Für seine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für den kreuzungsfreien Ausbau, das ist im Grunde die Baugenehmigung, hat Wilde bislang mit einem Eigenbeitrag von 1200 Euro aufgebracht. Gerichts- und Anwaltskosten sind aber in der zweiten Instanz deutlich höher. „Ich habe die Bürgerinitiative gegen den kreuzungsfreien Ausbau gefragt, ob ich als Privatkläger erhalten bleiben soll, denn andere gibt es nicht mehr“, erzählt Wilde. Die Antwort war offenbar „Ja“, denn die Bürgerinitiative finanziert die Berufung Wildes mit. Der Anwalt vom BN, der die Berufung für den Verwaltungsgerichtshof formuliert, übernimmt die Arbeit auch für den Professor, was Kosten spart.

Wilde lehnt den Ausbau aber nicht nur wegen der Abgase ab, sondern auch wegen der Einstufung: „Wer auf dem Frankenschnellweg fährt, glaubt doch nicht, dass er auf einer Kreisstraße unterwegs ist, er denkt, er ist auf der Autobahn. Straßen belasten Städte.“ Wenn jetzt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, dann werden die Planungen für den Ausbau des Frankenschnellwegs nicht so bleiben, wie sie sind, ist sich Wilde sicher. Schon das wäre ein Erfolg.

Sollte der BN aus dem Klageweg aussteigen, weil es einen Kompromiss gibt und Einwände berücksichtigt werden, dann will auch Wilde neu nachdenken: „Das ist eine wirtschaftliche Sache und die Karten sind dann neu gemischt.“
Bürgermeister Christian Vogel befürchtet, dass die juristische Auseinandersetzung noch fünf Jahre dauert. Das würde das 450-Millionen-Euro-Projekt noch einmal um bis zu 50 Millionen Euro teurer machen.

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