Nürnberg als Nabel der Welt

25.6.2013, 08:36 Uhr
Nürnberg als Nabel der Welt

„Löst euch vom Postkartenmotiv!“ war ein entscheidender Satz für Stefan Klingenberger. Er stammt von einem seiner Professoren an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule, wo Klingenberger Mediendesign studierte. Also nichts mit der typischen Burg-Ansicht bei Sonnenschein oder der Lorenzkirche in der Dämmerung.

Nürnberg als Nabel der Welt

Wobei die Lichtstimmung für die Aufnahmen des Nürnbergers von entscheidender Bedeutung ist. Er verwendet die Little-Planet-Technik. Die hat er sich zwar nicht selbst ausgedacht, aber „man muss das Rad ja auch nicht immer neu erfinden.“ Vielmehr versucht der gelernte Industriemechaniker, diese Art der digitalen Bildbearbeitung zu perfektionieren.

Dafür braucht es vor allem eins: Zeit. Nachdem er ein geeignetes Motiv ausgewählt hat, steht oft stundenlanges Warten an. „Allein beim Dokuzentrum war ich glaube ich sechs bis acht Mal“, sagt der 40-Jährige. Wobei manchmal am Ende auch die Erkenntnis steht: Das wird nichts.



Die Zeppelintribüne, die Kaiserburg, das Albrecht-Dürer-Haus, der Kettensteg — rund ein Dutzend Motive hat Stefan Klingenberger bereits in Szene gesetzt. Mit Kamera und Stativ zieht er los und macht zahlreiche Aufnahmen, wobei das Stativ auf keinen Fall bewegt werden darf (besonders auf Altstadt-Kopfsteinpflaster eine wahre Freude). Die Kamera hingegen schon, in acht Winkelschritten zu je 45 Grad, um den 360-Grad-Effekt zu erreichen. Das Ergebnis wird mit einer Software nachbearbeitet. „Sowas geht natürlich auch in einer Stunde“, sagt Stefan Klingenberger. Sein Anspruch ist jedoch höher. So genannten „Stitching“-Fehlern zum Beispiel, also Nahtstellen zwischen den einzelnen Fotos, macht er wenn möglich schon mit sauberer Vorarbeit den Garaus. Mit der Erfahrung hat er seine Vorgehensweise nach und nach optimiert (wer genaues wissen will: Auf der Website ist die Technik sehr detailliert beschrieben). Störendes wie Menschen oder Autos wird wegretuschiert.

Was herauskommt, sind ungewöhnliche, teils witzige Nürnberg-Ansichten. „Für mich macht der Rätseleffekt den Reiz aus“, sagt Klingenberger. Denn viele Betrachter runzeln erstmal die Stirn und sagen: „Das kenn ich irgendwoher...“ Manchmal hilft es dann, das Motiv etwas zu drehen.

Noch macht Stefan Klingenberger seine Arbeit mehr oder weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine Ausstellung oder eine Postkartenserie — das wäre was. Spaß macht ihm die ganze Sache aber so oder so: „Auch wenn’s nur für mich allein ist.“

www.stadtplaneten.de
 

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