Nürnberg fordert 2,75 Millionen Euro von der Bahn

19.2.2014, 12:00 Uhr
Nürnberg fordert 2,75 Millionen Euro von der Bahn

© Horst Linke

Die BahnAG ist ein schwieriger Verhandlungspartner, heißt es in der Stadtverwaltung. Für viele Bauprojekte in Nürnberg und in anderen Kommunen gilt: Das Verkehrsunternehmen zieht entweder gar nicht mit oder prüft alles „doppelt und dreifach“, ehe es eine Entscheidung fällt, schimpft Ronald Höfler, Werkleiter des Servicebetriebs Öffentlicher Raum (Sör).

Netze gegen Tauben

Beispiele: Die Firma Aurelis verwaltet Grundstücke der Bahn. Das Areal an der Brunecker Straße will sie möglichst lukrativ vermarkten. Lange konnte sie nicht den von der Stadt geforderten großen Anteil von Grünflächen akzeptieren. Seit 2002 ist die Bebauung immer wieder aufgeschoben worden.

Ärger gab es kürzlich auch, weil die Bahn laut Sör trotz jahrelanger Verhandlungen bis heute keinen Sanierungsplan für Celtis-, Marien-, Allersberger- und Karl-Bröger-Tunnel vorgelegt hat – allesamt stark vernachlässigt. Laut Sör weigert sich das Verkehrsunternehmen außerdem, Netze in diesen Unterführungen anzubringen, um Tauben vom Nisten abzuhalten. „Der schmierige Kot am Boden ist ein Sicherheitsproblem für Fußgänger“, sagt Werkleiter Höfler.

Das Fass zum Überlaufen brachte aber die Münchener Straße. Vielmehr die Brücke, die südlich der Rangierbahnhofsiedlung über Gleise führt. Das Bauwerk aus dem Jahr 1960/61 war laut einem Gutachten marode und musste Ende 2010 wegen Einsturzgefahr sofort gesperrt werden. Im Februar 2011 wurde es dann komplett abgerissen, die Konstruktion trug laut Statiker gerade noch ihr Eigengewicht.

Seitdem quälen sich hier täglich rund 43.000 Fahrzeuge durch ein enges Nadelöhr - die Verkehrsachse führt nur noch über den halbwegs stabilen westlichen Teil der Brücke. Verhandlungen mit der Bahn um eine Beteiligung an den Baukosten in Höhe von 5,5 Millionen Euro führten ins Leere. Die Stadt startete den Neubau schließlich im Alleingang.

Der wird laut Höfler im kommenden August fertig sein. Fertig ist die Stadt mit der Bahn dann aber noch lange nicht. Das Ganze hat ein Nachspiel, da Sör nicht auf den Kosten sitzenbleiben will. „Wir erwarten von der Bahn einen Betrag von 2,75 Millionen Euro“, so Höflers Werkleiter-Kollege Marco Daume.

Warten auf ein Signal

Doch das geht offensichtlich nur mit Druck, sind sich beide einig. Und den hat Sör sukzessive aufgebaut: Bereits vor eineinhalb Jahren hat die Stadt bei der Regierung von Mittelfranken eine Anordnung für den Brückenbau gegen die Bahn eingeleitet. Die schob den Fall weiter an die Oberste Baubehörde im Bayerischen Innenministerium. Von da aus wurde der Vorgang an das Bundesverkehrsministerium geschickt. Da liegt es, ein Signal gibt es bis heute nicht. „Wir wollen aber eine Grundsatzentscheidung“, sagen Daume und Höfler. Denn zeitliche Verzögerungen zu Lasten der Bürger wolle die Stadt in Zukunft vermeiden.


An der Münchener Straße ist die Sache aus Sicht der Werkleiter klar: „Wir mussten die Abstände der Brückenpfeiler erweitern“, erklärt Höfler. Es handle sich daher nicht nur um die Wiederherstellung, sondern um eine Abwandlung des Bauwerks. Und die schreibe die Bahn in ihren Regelwerken selbst vor. Aus diesem Grund sei die Bahn auch in der Pflicht. Was aber, wenn das Ministerium zugunsten der Bahn entscheidet? Höfler: „Wir warten die Begründung ab und werden gegebenenfalls vors Verwaltungsgericht ziehen.“ Die Bahn indes bezieht sich auf das Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG).

Demnach sind bei Straßenbrücken wie im aktuellen Fall die Kommunen Baulastträger, so Bahn-Sprecher Franz Lindemair. „Aus Sicht der zuständigen DB Netz AG ist eine Kostenbeteiligung nicht vorgesehen.“ Dass sich Kommunen und Bahn nicht immer einig seien, wisse er. Doch werde die Bahn umgekehrt auch von Städten und Gemeinden ausgebremst - wenn es etwa um die Sicherheit an Bahnkreuzungen gehe.

Investitionsstau

Eine freiwillige Kostenübernahme zugunsten der Straße sei jedoch ausgeschlossen. Das hätte laut Lindemair „eine Vernachlässigung wichtiger Projekte der Bahninfrastruktur zur Folge“. Dass die AG derzeit auf jeden Euro angewiesen ist, hat Bahn-Chef Rüdiger Grube kürzlich selbst erklärt. Er forderte offen eine finanzielle Unterstützung vom Bund, ansonsten müsste das Streckennetz bundesweit ausgedünnt werden. „Bei Gleisen, Weichen und Stellwerken haben wir einen Investitionsstau von über 30 Milliarden Euro“, erklärte Grube.

Demnächst steht in Nürnberg ein weiteres Brücken-Projekt an. Für 13 Millionen Euro wird eine Verbindungsgleisbrücke der Bahn, die sich über den Frankenschnellweg spannt, abgerissen und höher gebaut. „Der Neubau ist nötig, weil das Bauwerk marode ist und zu tief hängt. Immer wieder bleiben Lkw hängen“, so Höfler.

Ein umgekehrter Fall: Das Bauwerk ist keine Straßen-, sondern eine Gleisbrücke. Dennoch bleiben die Kosten für Abriss und Neubau bei der Stadt kleben. Die Bahn leistet zwar die Bauarbeiten, doch die Stadt zahlt. Höfler dazu: „Zuschüsse gibt es dafür keine.“


 

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