Nürnberg will Kleinlaster aus Wohngebieten verbannen

7.7.2018, 05:35 Uhr
Blick in die Wölckernstraße: Kleinlaster stellen in Nürnberg immer öfter Straßen zu, auch in Wohngebieten. Die Stadt möchte deshalb grundsätzlich bereits kleinere Fahrzeuge mit einem Gewicht ab 3,5 Tonnen raushalten.

© Michael Matejka Blick in die Wölckernstraße: Kleinlaster stellen in Nürnberg immer öfter Straßen zu, auch in Wohngebieten. Die Stadt möchte deshalb grundsätzlich bereits kleinere Fahrzeuge mit einem Gewicht ab 3,5 Tonnen raushalten.

Seit einem Jahr parken immer mehr große Sprinter vor ihren Fenstern und nehmen ihnen das ganze Licht, klagt ein Ehepaar aus der Rangierbahnhof-Siedlung. Zettel mit der Bitte, die großen Fahrzeuge woanders zu parken, fruchteten nicht. Auch an der Einmündung der Fürther Straße in die Mannertstraße stehen regelmäßig Lkw und nehmen die Sicht auf den Fahrradweg.

In der Karl-Martell-Straße in Leyh sieht der Kirchenvorstand durch die Laster auf dem Parkstreifen die Sicherheit der Mädchen und Jungen des evangelischen Kindergartens gefährdet. Die Klagen über Lkw, die Anwohnergebiete zuparken, häufen sich. Der Chef des Verkehrsplanungsamts, Frank Jülich, bekommt pro Woche oft sechs Briefe zum Thema. Sein Vorgesetzter, Baureferent Daniel Ulrich, will denn auch nicht länger dulden, dass Lieferwagen oder Dienstautos von Monteuren und Gewerbebetrieben Anwohnern Parkplätze wegnehmen. Er möchte die große Lösung und die Straßenverkehrsordnung (StVO) ändern.

Nürnberg macht das zum Vorreiter in Sachen Lkw-Parken, was den Referenten aber nicht schreckt. Im Gegenteil. Schließlich war die Stadt bereits Trendsetter beim Thema Tempo 30 auf Hauptstraßen an Schulen. Als das Tempolimit längst vor allen Nürnberger Schulhäusern galt, machte es der Bund nach und schrieb es Ende 2016 in die StVO. Bislang regelt Paragraf 12 der Straßenverkehrsordnung, dass Kraftfahrzeuge "mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 Tonnen" in reinen und allgemeinen Wohngebieten zwischen 22 und 6 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen "nicht regelmäßig" abgestellt werden dürfen.

Bislang bewegt sich wenig

Würde der Bund die Grenze auf 3,5 Tonnen herabsetzen, müssten auch all die kleineren Lieferwagen draußen bleiben, die seit Jahren zunehmend Ärger machen. Doch so sehr Nürnberg auch versucht, über den Städtetag oder auf der politischen Ebene Druck zu machen — bislang bewegt sich wenig.

Als Dorothee Bär noch Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium war, habe sie ihn wissen lassen, dass Nürnberg ihrer Meinung nach als einzige Stadt ein Lkw-Problem in Wohngebieten habe, sagt Ulrich. Was definitiv nicht stimme. "Natürlich ist es eher ein Problem der Großstädte, kleinere Orte haben nicht so einen großen Parkdruck."

Laut bayerischem Innenministerium, das 2017 die Straßenverkehrsbehörden im Freistaat dazu befragte, findet die Änderung der StVO vor allem in großen Städten wie München, Ingolstadt oder Fürth Unterstützung. Doch das reicht dem Ministerium nicht, um diese voranzutreiben.

Haben wir nicht, brauchen wir nicht

In einem Brief an den Bayerischen Städtetag heißt es, dass die Kommunen bereits genug Möglichkeiten hätten, um Lastern das Parken in Wohngebieten zu erschweren. Vor allem mit "Parken nur für Pkw"-Schildern. Als sich jetzt der Bayerische Städtetag mit Ministerialrat Gerhard Pfauser traf, gab es inhaltlich nichts Neues. Haben wir nicht, brauchen wir nicht — an dem Standpunkt des Innenministeriums habe sich nichts geändert, bedauert Jülich, der bei dem Treffen in München dabei war. "Wollten wir Lkw aus Wohngebieten mit Hilfe von Schildern raus halten, müssten wir an jeder Einmündung welche aufstellen. Das wäre ein Baum von Schildern an jeder Einfahrt." Was keinen Sinn mache.

Hinzu komme, dass das Innenministerium selber seit Jahren den Schilderwald abbauen wolle. Auch der Hinweis des Ministeriums, dass die Stadt erst mal genügend Stellplätze in den Gewerbegebieten bauen solle, verfängt für Ulrich und Jülich nicht. "Wir haben dort genug Parkplätze, aber die Lkw-Fahrer nehmen die Laster lieber mit heim." Weil sie ihnen vom Arbeitgeber auch für Privatfahrten zur Verfügung gestellt werden. Oder weil sie nach längeren Touren die größeren 7,49 Tonner abends oder am Wochenende lieber in der Nähe ihrer Wohnung abstellen, um sich den Umweg über das Betriebsgelände zu sparen.

Laut Jülich sind die lästigen Kleinlaster in der nächsten Sitzung des Deutschen Städtetags Thema. "Wir möchten wissen, welche Großstädte bundesweit das Problem kennen." Da mit Andreas Scheuer ein Bayer das Bundesverkehrsministerium leitet, habe man einen "direkten Draht" nach Berlin, ergänzt Baureferent Ulrich. Wie Jülich ist er optimistisch, nach Tempo 30 vor Schulen eine zweite Änderung der StVO hinkriegen zu können.

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