Nürnberger CSU ist geschockt - und Söder taucht ab

24.9.2017, 22:31 Uhr
Lange Mienen bei der CSU: Richtig Stimmung kam bei der Wahlparty im Gutmann am Dutzendteich nicht auf.

© Guenter Distler Lange Mienen bei der CSU: Richtig Stimmung kam bei der Wahlparty im Gutmann am Dutzendteich nicht auf.

Zwei Schritte weiter stand, mit roter Bluse und schwarzem Schal, die scheidende Abgeordnete Dagmar Wöhrl: War das der farbliche Abgesang auf die "Groko"? Wie alle im rappelvollen Saal des "Gutmann‘s" nahm sie die ersten Ergebnisse sichtlich geschockt auf. Von manchem war sogar das Wort "Katastrophe" zu vernehmen.

Einen "deutlichen Denkzettel" der Wähler sieht Frieser und wagte als erste Analyse die Vermutung, dass der Union nicht zuletzt lange Personaldebatten in den eigenen Reihen geschadet haben.

Dass er selbst für Nürnberg-Süd wieder und sein Kollege Sebastian Brehm erstmals für den Nürnberger Norden in den Bundestag einzieht, wirkte da eher wie ein schwacher Trost: "Wir brauchen jetzt", so Brehm, "eine gründliche Aufarbeitung – und die beginnt gleich an diesem Montag im Parteivorstand."

Beinahe mehr noch als das Abschneiden der AfD schürte das eigene Bayern-Ergebnis die bedröppelte Stimmung, sorgte es mit dem deutlichen Verfehlen der 40-Prozent-Marke für die eigentliche Überraschung. "Wir dürfen nicht jeden AfD-Wähler als Nazi hinstellen, sondern sie ernst nehmen; das ist bisher vielleicht nicht so gelungen", so die Einschätzung von Johannes Hölzl, dem Vorsitzenden der Jungen Union in Nürnberg. "Durch alle Altersgruppen geht es um das Gefühl, dass das geltende Recht auch durchgesetzt werden muss."

Wie missachtet es tatsächlich war, wird wohl umstritten bleiben. Doch Ankündigungen wie die der AfD, jetzt die CDU "jagen" zu wollen, wecken bei anderen schon übelste Befürchtungen: "Da fühle ich mich schon sehr an marschierende SA-Horden erinnert", sagt Stadtrat Prof. Wolfram Scheurlen. Kein Wunder, dass sein Fraktionskollege Thomas Pirner, zugleich Präsident der Handwerkskammer, von einem "Schlag ins Kontor" spricht.

"Eine schwache SPD kann uns auch nicht gelegen sein", gibt André Freud zu bedenken. Dass so viele Menschen "offenbar ein Grundproblem mit der Demokratie" haben, sei besonders verstörend. Sonst hätten sie nicht für eine "Partei von Hasspredigern" gestimmt.

Schon an den Wahlständen, so hat es auch Hermann Imhof gespürt, hatten sich klassisch-konservative Wähler "merkwürdig bedeckt" gehalten. "Die unmittelbaren Urteile stecken natürlich voller Emotionen", meinte der Ehrenbezirksvorsitzende Oscar Schneider. "Jetzt müssen wir erst mal ruhig drüber schlafen."

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