Nürnberger macht Taschen aus Festival-Abfall

7.6.2018, 13:16 Uhr
Nürnberger macht Taschen aus Festival-Abfall

© Horst Linke

Nein, es ist keine Geschäftsidee. Und auch als lautstarke Anklage will Alexandru Ciocea seine Aktion nicht verstanden wissen. Aber ein Versuch, wenigstens den ein oder anderen zum Umdenken zu bringen, ist das Projekt des Nürnbergers durchaus. Denn dass die rund 71.000 Rock-Fans derart viele, durchaus noch brauchbare Dinge nach dem dreitägigen Festival-Marathon zurückgelassen haben, das kann der 30-Jährige einfach nicht fassen. Deshalb sucht er in den Müllbergen gezielt nach Wiederverwertbarem.

Früher war er selbst unter denen, die gerne Party machten auf dem Areal rund um den Dutzendteich. Doch nachdem er sich die Hinterlassenschaften der Feiernden zum ersten Mal genauer angesehen habe, sei ihm persönlich der Spaß daran vergangen, sagt Ciocea. "Für mich war das einer der Gründe, nicht mehr dorthin zu gehen."

Streifzüge mit Kamera

Stattdessen nimmt er das Gelände im Anschluss an das Spektakel ausführlich unter die Lupe, hält mit seiner Kamera fest, wie Enten über die mit Müll übersäten Wiesen watscheln, zeigt zurückgelassene Zelte, Sonnenschirme und Campingstühle. Das Ergebnis seiner Streifzüge präsentiert er in kurzen Videos als "Alex Cio"
auf YouTube.

Ein paar Schuhe, ein "Mensch ärgere Dich nicht"-Spiel, Klopapierrollen — im Zeitraffer zeigt er den Zuschauern die Reste der Riesenparty. Sweatshirts, Handtücher und Paletten mit Dosenbier hat der Wirtschaftsingenieur ebenso entdeckt wie fast volle Marmeladengläser und Müslipackungen. Für jeden Einzelnen sei das vielleicht nur eine Kleinigkeit, sagt Ciocea. "Aber insgesamt macht das massivst was aus." Ihm tue es weh, zu sehen, wie all die Ressourcen vergeudet werden.

Zeichen setzen mit Upcycling-Projekt

Deshalb möchte er auch mit einem Upcycling-Projekt ein kleines Zeichen setzen. Aus den weggeworfenen Zelten macht er Taschen, indem er die Planen in Streifen zerschneidet und dann zum Häkelgarn umfunktioniert. Erste Anfragen, ob man die bunten Beutel kaufen könne, habe er schon, erzählt der junge Mann, für den seine Handarbeit aber überhaupt kein Geschäftsmodell ist. "Ich habe ja nur zwei Hände." Seine Aktion solle nur ein Impuls sein, "am liebsten wäre es mir, wenn sie in den kommenden Jahren nicht mehr nötig wäre".

Dass es so weit kommt, daran dürften auch all diejenigen ihre Zweifel haben, die mit den Aufräumarbeiten beschäftigt sind. Sieben Tage lang hat der Veranstalter Argo-Konzerte Zeit, um das Gelände zu reinigen. Um die Müllberge zu reduzieren, wurden in diesem Jahr deutlich mehr Sammelcontainer aufgestellt. Im Vorjahr waren Müllsäcke an die Besucher verteilt worden. Wer im Anschluss einen gefüllten Beutel zurückbrachte, bekam sein Müllpfand in Höhe von fünf Euro zurück. Doch davon machten nur wenige Besucher Gebrauch. Alexandru Ciocea wird wohl auch im nächsten Jahr noch genug Stoff für Upcycling-Aktionen am Dutzendteich entdecken.

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