Nürnberger Muslime wollen Polizeischutz und Prävention

20.3.2019, 10:13 Uhr
Nach den tödlichen Anschlägen auf zwei Moscheen in Neuseeland fühlen sich auch Muslime in der Region nicht mehr sicher.

© Daniel Karmann, NN Nach den tödlichen Anschlägen auf zwei Moscheen in Neuseeland fühlen sich auch Muslime in der Region nicht mehr sicher.

Die Schreckensmeldungen aus Neuseeland sind erst wenige Stunden alt, als Scheich Abdullah Elgallad beim Freitagsgebet von seiner Predigerkanzel aus auf den Punkt bringt, was Muslime - in der Hessestraße wie überall auf der Welt - fühlen: "Uns bricht das Herz und wir sind zutiefst traurig." Auch mit seinen weiteren Ausführungen steht der Imam, der in seiner Predigt als Ursache des Anschlags "rassistische Hassparolen, die in letzter Zeit zunahmen", benennt, nicht allein da. Beim Arbeitskreis der Muslime Nürnberg (AKM) dreht sich ebenfalls alles um das Thema "Islamophobie". "Schon der Begriff 'Phobie', der ja eine krankhaft übertriebene Angst vor etwas beschreibt, ist problematisch", sagt Süleyman Bahn. "Das suggeriert nämlich, dass es bis zu einem gewissen Grad auch eine gesunde, gerechtfertigte Angst vor dem Islam gibt."

Ruf nach dem Staat 

Der 75-jährige Österreicher, der zum Islam konvertierte und Scheich des Nürnberger Ablegers des sufistischen Mevlevi-Ordens ist, ist tief besorgt und warnt: "Was in Christchurch passiert ist, kann sich auch in Nürnberg jederzeit ereignen. Da dürfen wir uns nichts vormachen." Bahn fordert daher Polizeischutz für Moscheegemeinden und verweist darauf, dass der Staat schließlich auch für die Sicherheit jedes "sogenannten Islamkritikers, der gegen Muslime hetzt", sorge. Dabei, so Süleyman Bahn, seien diese dafür verantwortlich, dass es in Teilen der Bevölkerung anti-muslimische Ressentiments gebe. "Das hat eben nicht erst mit dem 11. September und ähnlichen Terroranschlägen angefangen, sondern nach der Revolution im Iran", weiß er zu berichten. 


Im Interview: Der Vorstandsvorsitzende der Islamischen Gemeinde Nürnberg


Wie alltäglich Vorurteile und Intoleranz seither geworden sind, bekommt Gabrielle Di Metri-Eljojo von der Islamischen Gemeinde Nürnberg (IGN) beinahe täglich zu spüren. Die Kopftuchträgerin hat zwar längst gelernt, schiefe Blicke und dumme Kommentare in der Öffentlichkeit auszuhalten. Wenn sie auf offener Straße ohne Vorwarnung angepöbelt wird oder an einem islamfeindlichen Wahlplakat vorbeiläuft, wird ihr trotzdem mittlerweile mulmig, seit sie weiß, zu welchen Taten solcher Hass führen kann. Ausgrenzen lassen mag sich die gebürtige Italienerin, die erst im Erwachsenenalter Muslimin wurde, deswegen nicht: "Wir sind Teil dieser Gesellschaft und wollen das auch zeigen". Nur durch kontinuierliche interreligiöse Dialogarbeit, wie sie die IGN leistet, ist sie sich sicher, lassen sich Islamhass wie auch andere Formen von Radikalismus langfristig eindämmen. 

Tropfen auf heißen Stein 

Auch Ali-Nihat Koç von der Begegnungsstube Medina, die jedes Jahr von 10.000 Menschen besucht wird, sieht Handlungsbedarf: "Was wir leisten, ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Koç und fordert, dass der Staat eingreift. Zum einen mit mehr Projektmitteln und Personal für Präventionsprogramme gegen antimuslimische Vorurteile. Zum anderen aber auch mit politischen Gesten, wie der Ernennung eines Islamophobie-Beauftragten, der ähnlich dem Antisemitismus-Beauftragen agiert. Das hätte für viele Muslime - ebenso wie stärkere Polizeipräsenz vor Moscheen - eine ganz wichtige Signalwirkung, glaubt er. "Sie würden sehen: 'Mein Schutz ist dem Staat genauso wichtig wie der von anderen Gruppen auch'."

Für Hasan Aslan dagegen hat Polizeipräsenz nicht nur eine symbolische Funktion. Schließlich sei die Eyüp-Sultan-Moschee in der Kurfürstenstraße als Bayerns größte Moschee "besonders exponiert", wie er es nennt. Hier, wie auch in den zahlreichen anderen Moscheen des Ditib-Dachverbands in Nordbayern, sei man mit der Polizei und den jeweiligen Kommunen im ständigen Dialog, sagt der Ditib-Vorsitzende. "Wir wissen, dass die Polizei ihr Bestes tut, um uns zu schützen", so Aslan, "und können nur hoffen, dass das auch ausreicht, um so etwas wie in Neuseeland zu verhindern."

 

 

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