Nürnberger SPD will verlorenes Vertrauen zurückgewinnen

17.3.2018, 14:56 Uhr
Etwa 170 Delegierte fanden sich am Samstagvormittag zur Jahreshauptversammlung der SPD Nürnberg im Uhrenhaus der Nürnberger N-Ergie ein.

© Michael Matejka Etwa 170 Delegierte fanden sich am Samstagvormittag zur Jahreshauptversammlung der SPD Nürnberg im Uhrenhaus der Nürnberger N-Ergie ein.

Die SPD will mit einer Runderneuerung Profil und damit auch verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Darauf stimmten Unterbezirkschef Thorsten Brehm und Oberbürgermeister Ulrich Maly die knapp 170 Delegierten aus allen Ortsvereinen bei der Jahreshauptversammlung der Nürnberger Sozialdemokraten ein. Im Uhrenhaus der Nürnberger N-Ergie betonten beide die Notwendigkeit einer gründlichen Analyse und einer gründlichen Diskussion über Inhalte und Kurs der Partei.

Offenkundig sind die Wunden der schmerzlichen Niederlage bei zurückliegenden Bundestagswahl und des zähen Ringens um eine Koalition noch längst nicht verheilt - und neben der Landtagswahl im Herbst rückt auch die nächste Kommunalwahl 2020 langsam näher. Es gelte, die Grundwerte der Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit müssten in die heutige Zeit neu zu "übersetzen", verlangte Brehm. So müsse der personelle, inhaltliche und strukturelle Erneuerungsprozess wieder den Vorrang einer gerechten Teilhabegesellschaft vor einer neoliberalen Wirtschaftsideologie herausstellen.

Gerechtigkeit, Klimawandel und fairer Handel auf der Agenda

Das reicht bis zu einem "neuen Gesellschaftsvertrag", der die großen Herausforderungen mit aufnimmt. Zum einen: "Wir müssen die energieeffizienteste Volkswirtschaft werden." Zumal der Klimawandel die Ärmsten am härtesten treffe - und damit in den Kernbereich der SPD-Kompetenz fällt. Zum anderen laute die Devise: Nicht nur freier, sondern fairer Handel. Dass die EU durch subventionierte Agrarexporte beispielsweise Bauern und Händlern in Afrika die Existenzgrundlage nehme, sei an Perversion nicht zu überbieten. In die selbe Kerbe schlug anschließend auch Maly: "Wer Fluchtursachen bekämpfen will, muss zum Beispiel Waffenexporte nach Saudi-Arabien unterbinden."

Skeptisch äußerte sich Brehm gegenüber einem bedingungslosen Grundeinkommen, das leicht zu einem "Stillhalten auf einem Abstellgleis" führen könne. In der Tradition komme es vielmehr darauf an, allen Menschen die Chance auf Arbeit, Anerkennung und Teilhabe zu ermöglichen. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Beschäftigungsprogramm sei dafür ein guter Ansatz. "Zudem ist es Zeit, den Mindestlohn deutlich anzuheben", betonte der Unterbezirkschef. Im Blick auf die Diskussion um die Tafeln sei allerdings auch eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze geboten, genauer gesagt eine Berechnung, die auch mal einen Kino- oder Theaterbesuch zulässt.

Selbstkritische Standortbestimmung

Maly hält seine Partei dabei keineswegs für gespalten, wie er auch einer Journalistin der Wochenzeitung Zeit plausibel zu machen versuchte. "Und es wäre fatal, wenn sie zur Hälfte mitregiert und die andere Hälfte sich mit sich selbst beschäftigt." Selbst wenn mancher nur aus einer pragmatischen Haltung oder mit Rücksicht auf Sachzwänge zugestimmt habe und nicht aus glühender Überzeugung, wie Brehm annimmt. Die eintretende Regierungsroutine dürfe nicht dazu führen, die nötige, auch selbstkritische Standortbestimmung zu übergehen.

Denn die Erfolge der AfD seien keineswegs allein oder vorrangig auf die Probleme rund um Flüchtlinge und Zuwanderer zurückzuführen. Vielmehr gebe es eine anscheinend verbreitet tiefe Verunsicherung, ein Miss- und Unbehagen nicht nur gegenüber den sogenannten etablierten Parteien, sondern gegenüber dem Staat an sich und dem Vertrauen auf dessen Fähigkeit, Probleme zu lösen, so Malys Diagnose. Die Rückgewinnung verlorenen Vertrauens sei allerdings die vielleicht schwierigste und anspruchsvollste Aufgabe.  

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