Nürnberger U-Bahn: Aus Tristesse wird moderner Schick

15.10.2014, 05:58 Uhr
Moderne Optik am Bahnsteig im U-Bahnhof Ziegelstein.

© Alexander Pfaehler Moderne Optik am Bahnsteig im U-Bahnhof Ziegelstein.

Bevor Daniel Ulrich vor wenigen Monaten zum neuen Nürnberger Baureferenten gewählt wurde, klapperte er alle U-Bahnsteige ab. „Ich habe das ganze 35 Kilometer lange Netz abgefahren, bin an jeder Station ausgestiegen und habe mich dort umgeschaut.“ Es war für ihn eine abwechslungsreiche Fahrt durch die Vergangenheit.

Seit 1972 rollt die U-Bahn durch den Stadtuntergrund und jede Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. Die Anfänge waren äußerst nüchtern, wie man heute noch unschwer auf der Linie 1 Langwasser-Fürth erkennen kann. Die Bahnsteige sind von „sachlicher Betonoptik“ geprägt, wie es Werner Schuster, Leiter des Nürnberger U-Bahn-Bauamts, ausdrückt. Man könnte auch sagen: Sie sehen langweilig, trist und öde aus.

Technisches Meisterwerk

Doch für den städtischen Mitarbeiter zählt weniger das Aussehen. Er hält vielmehr die Ingenieurleistung für das Entscheidende. Daher ist sein Top-Favorit unter den Nürnberger U-Bahnsteigen die Station Lorenzkirche. „Es war äußerst anspruchsvoll, neben dem gotischen Bürgerdom zu bauen“, berichtet Schuster, „beim mittelalterlichen Nassauer Haus ging die U-Bahn-Baustelle sogar unter der mächtigen Mittelstütze durch.“ Ein technisches Meisterwerk.

Baureferent Ulrich schwärmt von der „kathedralenhaften Gestaltung“ des Bahnhofs Lorenzkirche, räumt aber gleichzeitig ein, dass dieser derzeit ziemlich düster und angegraut wirkt. Dass große Risse an zwei Gewölbebögen wenig fachmännisch mit heller Dichtmasse zugestopft wurden, macht die Sache nicht besser. Auch die leeren Vitrinen hinterlassen einen deprimierenden Eindruck.

Trotzdem meint Nürnbergs oberster Baumeister, dass die Nürnberger U-Bahn insgesamt „sehr gepflegt“ ist, wenn man sie mit anderen Städten vergleicht. Dass pro Jahr 15 Millionen Euro in den Unterhalt gesteckt werden, mache sich bemerkbar. Allerdings kommt das Untergrund-Netz allmählich in die Jahre, größere Reparaturen stehen auf Dauer an.

Scharfreiterring wird saniert

Begonnen wird mit dem „Liften“ beim recht verlotterten Scharfreiterring, der vorbildlich für andere Stationen saniert werden soll. Auch wenn sofort Stimmen laut werden, warum nicht zuvor mit dem internationalen Aushängeschild Messe angefangen wird, das ebenfalls nicht als Vorzeige-Bahnhof gelten kann. Ulrich hofft, dass der Hauptnutzer, die Messe, sich an den Kosten beteiligt. Erste Gespräche laufen.

Nach der nüchternen Zweck-Phase in den 1970ern entwickelte man allmählich ein wenig mehr Fantasie. Dass in der Südstadt am Aufseßplatz orange Kacheln (wie am Hauptbahnhof und Plärrer) für mehr Leben und Fröhlichkeit sorgen sollen, ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber immerhin kam jetzt mehr Farbe in den Untergrund..

Später bei der U 2 (Röthenbach-Flughafen) und erst recht bei der U 3 (Gustav-Adolf-Straße - Friedrich-Ebert-Platz) entwickelte man deutlich mehr Fantasie. Lichtkuppeln sollten das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste steigern und für Tageslicht sowie ein freundliches Erscheinungsbild sorgen.

Das städtische Tiefbauamt lobte in den 1980ern erste Gestaltungswettbewerbe unter Studenten für die Bahnhöfe aus. Ab den 1990er Jahren wurden erstmals Aufträge an externe Architekten vergeben. Man setzte auf Glasarchitektur, helle Farben und Edelstahl. Der Wandel über die Jahre lässt sich deutlich ablesen.

Künstlerisch gestaltet

Jede Station sollte ihr eigenes Gesicht bekommen, so die Philosophie. Die Bewohner können an den Stationen im U-Bahn-Schacht erkennen, dass sie in ihrem Viertel angekommen sind. Besonders gelungen ist etwa der bunte, lichtdurchströmte U-Bahn-Stopp Wöhrder Wiese. Oder auch die künstlerische Gestaltung des Halts Rathenauplatz, wo das Konterfei des ermordeten Reichsaußenministers an der Wand zu erkennen ist.

Es lohnt sich also für die etwa 335.000 U-Bahn-Benutzer an Werktagen, die Bahnhöfe genauer anzuschauen - zumal ihre Optik durchaus das Unterbewusste der Fahrgäste beeinflusst. Obendrein bekommen sie nur die Hälfte der Bahnhöfe zu sehen, merkt das U-Bahn-Bauamt an.

Der Bahnsteig, an dem die Fahrgäste warten, ist 90 Meter lang. Weitere 45 Meter an beiden Enden sind ausschließlich der VAG vorbehalten, die Öffentlichkeit hat keinen Zutritt: Dort sind Betriebsräume für die Stromversorgung, große Relais und Trafos für die Umwandlung von Wechsel- auf Gleichstrom untergebracht.

So unterschiedlich sich die Bahnhöfe der verschiedenen Linien darstellen, es gibt doch etliche Gemeinsamkeiten: Neben der Länge von 90 Metern sind es die Sitzgelegenheiten, Überwachungskameras und Aufzüge.

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