Nürnbergs Schüler klagen über schlechte Luftverhältnisse

7.3.2019, 05:54 Uhr
Nürnbergs Schüler klagen über schlechte Luftverhältnisse

© Foto: Martin Schutt/dpa

"Lieber erstunken als erfroren": Geht ein Lehrer zum Fenster, beschwert sich nicht nur die "Fraktion Bauch- und Knöchelfrei" postwendend, wie kalt es doch heute sei. Dabei wäre es gerade im Unterricht eminent wichtig, regelmäßig zu lüften, wie Umweltmedizinerin Renate Scheunemann nicht müde wird zu betonen. Messungen des Umweltreferats hatten 2017 ergeben, dass in Nürnberger Klassenzimmern dicke Luft herrscht. Weil zu wenig gelüftet wird, erhöht sich die Konzentration an Kohlendioxid regelmäßig auf mehr als 1000 ppm (parts per million). Werte ab 2000 ppm gelten laut Bundesumweltamt als "hygienisch inakzeptabel". An Nürnberger Schulen wurden sogar Spitzenwerte von 4090 ppm erreicht.

Selbst wenn Pädagogen alle 45 Minuten und in den Pausen lüften, sei das bei weitem nicht genug, klagt Renate Scheunemann. Damit alle mit voller Konzentration bei der Sache sind, müsste schon nach 20 Minuten gelüftet werden. Das hat eine Studie des Instituts für Interdisziplinäre Schulforschung (ISF) der Universität Bremen ergeben, an der sich die Unfallkasse Hessen beteiligt hat.

Fest steht: Die Gesundheit der Lehrer und der Schüler sowie die Unterrichtsqualität hängen auch von den Unterrichtsbedingungen ab. Die Studie belegt eindeutig, dass sich gute oder schlechte Luftqualität direkt auf Konzentration, Geräuschpegel, Aufmerksamkeit, Sozialverhalten und die Kommunikation im Unterricht auswirkt.

 

Schüler ärgern sich

Das bestätigt auch die 18-jährige Paula Wahlig, die die zwölfte Klasse des Maria-Ward-Gymnasiums besucht: "Seit ich denken kann, leiden meine Klassenkameradinnen und ich unter der schlechten Luft, die eigentlich in jedem Klassenzimmer unserer Schule herrscht." Gelüftet werde meist nur beim Wechsel des Klassenzimmers. 

Carlotta Willer, die an der Reutersbrunnenschule Nürnberg die in vierte Klasse geht, hat noch ein weiteres Problem. Der Unterricht findet zum Teil in Containern statt. Wird der Lärm von außen – zum Beispiel durch den Verkehr – zu laut, werden die Fenster wieder dicht gemacht. "Manche Schüler haben dann Kopfschmerzen", klagt die Zehnjährige.

Doch wie bringt man die Beteiligten dazu, häufiger frische Luft hereinzulassen? Infos, wie es richtig geht, bietet das Projekt KEIM der Umweltstation Nürnberg im Institut für Pädagogik und Schulpsychologie (IPSN) und dem Kommunalen Energiemanagement im Hochbauamt. KEIM steht für "KeepEngeryinMind" und verfolgt das Ziel, dass sich Schüler sämtlicher Altersklassen und Schularten mit dem Thema Energie- und Wassersparen auseinandersetzen.

"KEIM ist eine Erfolgsgeschichte", sagt IPSN-Leiter Christian Büttner. 60 bis 80 Schulen nehmen jedes Jahr teil. Seit 1999 haben sich laut Büttner alle Nürnberger Schulen an dem Projekt beteiligt. Ende 2018 wurde KEIM sogar mit dem Bayerischen Energiepreis in der Kategorie Bildungsprojekte ausgezeichnet.

Fenster kippen reicht nicht

Fenster zu kippen, reicht übrigens nicht aus, um die Qualität der Raumluft aufrechtzuerhalten, da es nur zum Laufaustausch im Fensterbereich kommt, erklärt Renate Scheunemann. Stoßlüften hätte dagegen – vor allem im Winter – den Vorteil, dass nur Luft ausgetauscht, die Gesamtwärme des Raums aber erhalten bleibt. Am effektivsten sei die Querlüftung, weil sie die höchste Luftwechselrate aufweist. Einige Schulen lassen im Unterricht inzwischen ohnehin Türen offen. Sofern auf der anderen Seite ein Fenster ist und kein unangenehmer Durchzug entsteht, könnte diese Methode Abhilfe schaffen.

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