Nürnbergs Therapeuten am Limit: "Existenzängste sind groß"

25.8.2018, 19:25 Uhr

Am Nürnberger Hauptbahnhof, vor dem Tiergärtner Tor, an der Wöhrder Wiese oder vor der Burg stieß man auf die mit Kreide aufs Pflaster geschriebenen Botschaften "Therapeuten am Limit". Der Protest sei kreativ, eben wie Ergotherapeuten seien, sagte die Ergotherapeutin Mirjam Hahn-Brodmerkel lachend, die in Fürth eine eigene Praxis betreibt. Doch eigentlich ist ihr und den anderen Heilmittelerbringern, die sich am Samstag vor der Kaiserburg versammelten, nicht zum Lachen zumute. Denn ihnen gehen ihre Arbeitsbedingungen seit Langem gegen den Strich.

Die Gründe? "Die Vergütung ist ein echter Witz", sagte Hahn-Brodmerkel. Und das, obwohl die Krankenkassen ziemlich viel Geld angehäuft hätten. Doch der prozentuale Anteil, den die Kassen für die Heilmittelerbringer, also für Physio- oder Ergotherapeuten, Logopäden oder Podologen, aufbrächten, liege unter deren Ausgaben für Werbung oder Sponsoring. "Das ist doch ein schlechter Scherz."

Kosten für Fortbildungen sind hoch 

Die Demonstranten bezifferten die Vergütung für freiberufliche Therapeuten im Schnitt auf 2200 Euro brutto. Die Selbstständigkeit rentiere sich oft nicht mehr, sagte Sandra Palumbo-Handrischik, die in Nürnberg als Ergotherapeutin arbeitet. „Die Existenzängste sind groß“, fuhr die Mutter zweier Kinder fort. Zumal schon die Ausbildung viel Geld gekostet habe. 20.000 Euro habe sie an Schulgeld bezahlt, fuhr Palumbo-Handrischik fort. Dazu kämen Kosten für Fortbildungen, die von den Krankenkassen zwar verlangt, aber nicht unterstützt würden. Weitere 20.000 bis 40.000 Euro gingen für die Anschaffung von Therapiematerialien drauf, so die 32-Jährige, die den Therapeuten-Protest via Social Media in Nürnberg koordiniert hatte.

Die schlechten Berufsbedingungen führen nach Ansicht der Therapeuten dazu, dass zu wenige junge Menschen diese Berufe ergreifen wollen. Die Schülerzahlen gingen zurück, dafür stiegen mehr Therapeuten aus dem Beruf aus, hieß es auf einem Flyer. Die Leidtragenden seien die Patienten, die zum Teil lange auf einen Behandlungstermin warten müssten.

Die Protest-Aktion geht auf den Frankfurter Physiotherapeuten Heiko Schneider zurück. Dieser fuhr im Mai mit dem Fahrrad von Frankfurt nach Berlin und übergab dem Bundesgesundheitsministerium einen Brandbrief zur Situation der freiberuflichen Physiotherapeuten. Wie die Lösung aussehen könnte? Es liege der Politik bereits ein "Sofortprogramm" eines CDU-Bundestagsabgeordneten vor, so die Therapeuten. Dieses werde aktuell diskutiert. Nach Ansicht der Betroffenen würde es die Situation sofort spürbar verbessern. 

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