Nürnbergs Zoll fängt Marken-Plagiate für drei Millionen Euro ab

26.3.2019, 17:14 Uhr
Vor allem Schuhe werden häufig gefälscht.

© Julian Stratenschulte/dpa Vor allem Schuhe werden häufig gefälscht.

Ob Bekleidung, Uhren oder Medikamente - die Zahl der Fälschungen hat deutlich zugenommen, berichten Claudia Nies, die Leiterin des Hauptzollamtes Nürnberg, und Pressesprecherin Martina Stumpf. Allein in Post-Warensendungen, die in Mittelfranken ankamen, mussten die Zöllner, mehr als 170.000 gefälschte Markenartikel im Gesamtwert von gut 2,8 Millionen Euro aus dem Verkehr ziehen. Für die Käufer, die diese Artikel (überwiegend im Internet) bestellt hatten, kann das teuer werden. Denn wo immer ein Markenhersteller beim Zoll den Antrag gestellt hat, Fälschungen im Wege der Grenzbeschlagnahme einzukassieren, wird dieses Unternehmen über jeden Fall unterrichtet.

Der Markenartikler muss für diese Behörden-Dienstleistung bezahlen – und reicht diese Kosten im Regelfall an den Käufer weiter, der das Plagiat geordert hatte. Dazu kommen häufig gesalzene Anwaltsgebühren. Unter dem Strich entsteht da schnell eine zivilrechtliche Forderung von 1000 bis 2000 Euro, sagt Zollsprecherin Stumpf. Strafrechtlich wird der Zoll hier nur dann tätig, wenn der Käufer offenkundig gewerblich gehandelt hat. Private Besteller kassieren im Regelfall kein Bußgeld.

Der Zoll will vor allem die Bürger schützen

Vor allem gefälschte Kleidung, Schuhe und Accessoires finden die Beamten in den Postsendungen aus dem Ausland. Der absolute Renner sind hier Sportschuhe: Angesagte Exemplare kosten als Originalware gerne mehrere Hundert Euro, mitunter sogar einen vierstelligen Betrag. Aber auch unversteuerten Kaffee und nicht zugelassene Medikamente fördern die Zöllner aus Postsendungen zutage, verbotenes Feuerwerk und Dopingmittel.

Dabei will das Hauptzollamt die Bürger nicht ärgern, sondern sie im Gegenteil schützen. Jedes verkaufte Plagiat verdrängt die entsprechende Ware des Markeninhabers – in der Masse gefährdet dies Arbeitsplätze in Deutschland und in der EU. Viel wichtiger ist aber der Verbraucherschutz: In sehr vielen Fälschungen stecken Gefahren – von Textilien mit gefährlichen, bei uns verbotenen Chemikalien bis über wirkungslose Arzneimittel bis hin zu minderwertig gefertigten Kugellagern oder Bremsbelägen.

Keine Ausreden

Wie man Plagiate erkennt? Ganz einfach: am Preis, sagt Martina Stumpf. Gefälschte Internet-Seiten verraten sich zudem häufig dadurch dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, das Impressum und/oder die Firmenadresse fehlen. Die Ausrede, man habe doch nicht gewusst..., lässt der Zoll daher nicht gelten.

Das gilt auch für den Artenschutz, gegen den nicht wenige Reisende verstoßen. 145 Objekte mussten die Beamten 2018 sicherstellen, von Korallen und Riesenmuscheln bis zu Schmetterlingen aus Indonesien oder Nachtkästchen aus Tropenholz. Sogar Nahrungsergänzungsmittel mit geschützten Inhaltsstoffen sowie einen Delfinschädel zogen die Zöllner aus dem Verkehr. Anders als bei einzelnen Plagiaten als Mitbringsel wird für die Einfuhr artengeschützter Gegenstände in jedem Fall ein Bußgeld fällig.

Erweiterte Befugnisse im Kampf gegen Schwarzarbeit

Knapp 2,5 Milliarden Euro nahm das Hauptzollamt Nürnberg mit seinen rund 560 Zöllnerinnen und Zöllnern 2018 ein – etwas mehr als im Jahr zuvor. Zu den positiven Nachrichten gehört, dass die Einnahmen aus der Stromsteuer um rund 20 Millionen Euro sanken. Nies und Stumpf sehen dies als Beleg dafür, dass die Menschen in der Region weniger Strom verbrauchen bzw. zunehmend auf Strom aus alternativen Energiequellen umsteigen. Auch beim Thema Mindestlohn ist die Welt in Mittelfranken derzeit weitgehend in Ordnung. Die gute Beschäftigungslage führe dazu, dass es für schwarze Schafe immer schwieriger wird, noch Personal zu Dumpinglöhnen oder gar für Schwarzarbeit zu finden.

Ab Juli bekommt hier der Zoll per Gesetz erweiterte Befugnisse. Bislang können die Beamten erst eingreifen, wenn sie einen Schwarzarbeiter in flagranti erwischen. Künftig können sie gegen Beteiligte schon bei der Anbahnung von Schwarzarbeit vorgehen. Dazu kommen erweiterte strafprozessuale Befugnisse im Bereich der Telefonüberwachung sowie im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Zudem übernimmt die Behörde ab Juli die Zuständigkeit für Kindergeld-Missbrauch im EU-Raum.

Mehr Personal

Auch die Staatsanwaltschaften wird der Zoll dann entlasten. Bestimmte Verfahren, die jetzt nach Abschluss der Ermittlungen zur Anklagebehörde wandern, bleiben künftig bis zum Verfahrensende beim Zoll. Aus Sicht von Behördenleiterin Nies ist die damit verbundene Mehrarbeit überschaubar. Denn schon heute müssten die Sachbearbeiter zu jedem relevanten Vorgang einen Bericht an die Staatsanwaltschaft erstellen.

Gleichzeitig soll das Hauptzollamt erneut zusätzliches Personal bekommen. Zahlen sind für Nürnberg noch nicht bekannt; bundesweit werden kurzfristig 2000 neue Stellen geschaffen, mittelfristig sollen es insgesamt rund 6000 sein.

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