Ohren abschneiden war normal

22.4.2014, 09:42 Uhr
Ohren abschneiden war normal

Der Kaiser sprach ihn „ehrlich“ und seine Bemühungen, auf dem Gebiet der Medizin Gutes zu tun, sind überliefert: Franz Schmidt, aus der Gegend von Hof stammend und über Bamberg nach Nürnberg kommend, übte hier zwischen 1578 und 1617 das Amt des Scharfrichters aus. Der Mann litt unter diesem Beruf und versuchte mit akribischen Aufzeichnungen das grässliche Handwerk zu kompensieren. Mit der Nürnbergerin Maria Beck verheiratet, war Schmidt Vater von sieben Kindern. Seine Grabstelle auf dem Rochusfriedhof ist heute noch zu sehen.

In seinem Tagebuch notierte er nicht nur die Todesarten, sondern er schilderte die Kriminalfälle, die zur Verurteilung geführt hatten. Das macht seine Dokumentation spannend. Der Verein Geschichte für Alle hat nun die Schrift unter dem Titel „Hinrichtungen und Leibstrafen“ neu bearbeitet und wieder aufgelegt.

Der Text ermöglicht einen authentischen Blick auf Verbrechen und Strafen um 1600, dazu hat Franz Schmidt auch über die von ihm vollführten „Leibstrafen“ Notiz geführt, wie „Ruten ausstreichen“ und „Ohren abschneiden“.

Martin Schieber, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Vereins Geschichte für Alle, forscht seit vielen Jahren über die Kriminalgeschichte Nürnbergs. Gemeinsam mit Rundgangsleiterin Annette Haberlah-Pohl, die Franz Schmidts Text ins Neuhochdeutsche transkribiert hat, stellt er das Buch heute in der Wiesenttalstraße vor. Der Eintritt ist frei.

„Hinrichtungen und Leibstrafen – Das Tagebuch des Nürnberger Henkers Franz Schmidt“, hg. von Geschichte Für Alle e.V., Sandberg Verlag, 14,80 Euro.
 

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