Paketlieferung zum Arbeitsplatz: Firmen sind sich uneins

17.9.2018, 18:47 Uhr
Online-Bestellungen direkt an die Firmenadresse liefern zu lassen ist praktisch - aber nicht bei allen großen Nürnberger Unternehmen möglich.

© Oliver Berg/dpa Online-Bestellungen direkt an die Firmenadresse liefern zu lassen ist praktisch - aber nicht bei allen großen Nürnberger Unternehmen möglich.

Das Personal von betrieblichen Warenannahme-Lagern, Poststellen oder Empfangstresen ist für private Pakete offiziell nicht zuständig und nimmt diese – wenn überhaupt – nur "unter der Hand" entgegen. "Das ist ein ganz schwieriges Thema", meint deswegen Klaus Graf von Bühler-Motor. Die Unternehmensleitung sehe es nicht gern, wenn private Pakete im Betrieb ankommen: "Ab und zu kommt das vor, dann aber mit entsprechendem Aufstand."

Im Nürnberger MAN-Werk und bei der Tucher-Brauerei gibt es gar keine Möglichkeit für eine private Postzustellung, wie Phillip Schwarm und Andreja Marusic erklären. Aus Sicherheitsgründen darf es bei der Datev keine geben, so Unternehmenssprecher Benedikt Leder.

"Keine offizielle Regelung"

Matthias Schenk verweist auf einen zu hohen Verwaltungsaufwand, deswegen soll bei der Nürnberger Versicherung keine private Post ankommen. "Keine offizielle Regelung" gibt es nach Auskunft von Stefan Gerhardt bei der GfK – und damit auch kein Verbot. Die Mitarbeiter der Sparda-Bank dagegen können sich private Pakete "gerne in die Zentrale liefern lassen", so Frank Büttner. Auch die Nürnberger Messe hat nichts dagegen: Man wolle den Angestellten damit den Alltag erleichtern, schreibt Maximilian Hensel. Deswegen sei die Postzustellung erlaubt, falls sie "mit Alternativen wie Abgabe bei Nachbarn oder in einer Paketstation nicht gut lösbar ist". Bei Staedtler ist man noch nicht ganz so weit, sucht aber zumindest nach einer Lösung: Man habe sich vor zwei Jahren "intensiv mit dieser Frage beschäftigt", sagt Britta Olsen.

Das Unternehmen habe damals erwogen, eine Paketstation für die rund 1000 Beschäftigten im Werksgebäude aufzustellen. Doch das Unterfangen scheiterte an vertrackten Details: "Die verschiedenen Paketdienstleister nutzen verschiedene Systeme", bedauert Olsen. So hätten mehrere Paketstationen aufgestellt werden müssen, um alle Paketdienste abzudecken. Einfach die betriebliche Warenannahme für die privaten Pakete zur Verfügung zu stellen, kommt dagegen auch bei Staedtler nicht in Betracht: "Stellen Sie sich vor, was die Kollegen da alles zu tun hätten, besonders vor Weihnachten."

"Nicht im Sinne der Verbraucher"

Abhilfe könnte ein System schaffen, das von den drei Paketdiensten GLS, Hermes und DPD seit rund eineinhalb Jahren aufgebaut wird: ParcelLock. Dabei handelt es sich um Schließfächer, die ähnlich funktionieren wie die gelben Packstationen des Marktführers Deutsche Post/DHL. Während die Packstationen nur von DHL selbst bestückt werden können, stehen die ParcelLock-Boxen allen Zustelldiensten offen, die sich dafür registrieren – bis hin zum lokalen Pizzaboten. "Wir halten es nicht für zielführend, wenn jeder Paketdienstleister sein eigenes System aufzieht", sagt dazu Peter Rey von GLS.

Dass sich DHL weigere, Pakete in ParcelLock-Stationen abzustellen, sei "nicht im Sinne der Verbraucher". Aus Sicht des Marktführers Deutsche Post/DHL ist das Problem gar nicht so groß: Das Unternehmen befördere bundesweit jeden Tag über 4,3 Millionen Pakete, berichtet Erwin Nier. Davon würden "knapp 90 Prozent ihre Empfänger bereits am nächsten Werktag" erreichen. Bei den im "Bundesverband Paket und Expresslogistik" (BIEK) organisierten Paketdiensten – nach eigenen Angaben sind das alle großen Anbieter außer der Deutschen Post – liegt die Erfolgsquote beim ersten Zustellversuch laut Elena Marcus-Engelhardt bei über 90 Prozent.

60 Prozent befürworten Paketzustellung am Arbeitplatz

Dass der Bedarf für ein einheitliches, anbieterübergreifendes System trotzdem da sei, unterstreicht Hermes-Sprecher Ingo Bertram, der eine Studie der Unternehmensberatung PwC zitiert: Demnach wünschen sich 60 Prozent der Arbeitnehmer eine Paketzustellung am Arbeitplatz. Dass sich DHL dem Gemeinschaftsprojekt bislang entziehe, "bedauern wir sehr", meint Betram.

Zumindest für Staedtler könnte ParcelLock allerdings eine brauchbare Alternative darstellen: Britta Olsen erklärt, dass man sich das System anschauen wolle. Auch bei den Nürnberger Stadtwerken, die zusammen mit der VAG und der N-Ergie im Plärrer-Hochhaus residieren, macht man sich Gedanken. Nachdem das Hochhaus derzeit umfassend umgebaut wird, könnte Raum für innovative Konzepte entstehen: "Bei uns wird darüber nachgedacht, im Zuge der Schaffung neuer Arbeitswelten auch neue Service-Angebote für unsere Mitarbeiter einzurichten", sagt N-Ergie-Pressesprecherin Heidi Willer. Dazu könnte ein hausinterner Paketschalter für Betriebsangehörige gehören. "Das ist im Moment aber nur ein Gedankenspiel und noch nicht spruchreif", so Willer weiter.

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