Platznot im Stadtarchiv: 18.000 Regalmeter sind schon belegt

19.3.2018, 05:56 Uhr
Platznot im Stadtarchiv: 18.000 Regalmeter sind schon belegt

© Foto: Stefan Hippel

Wer die zwei Kelleretagen unter der Norishalle begeht, sieht beste archivalische Ordnung. Kartons, Bücher, Sammler und Hefter in Reih und Glied. Gelegentlich sind dazwischen auch Lücken zu sehen. Aber leere Regale oder gar leere Räume – die gibt es nicht mehr. "In fünf oder sechs Jahren", sagt Archivleiter Michael Diefenbacher, "ist hier alles rappeldicht." Das Stadtarchiv stößt ans Ende seiner Lagerkapazität. In Zahlen bedeutet das: 18.000 laufende Regalmeter Archivgut sind schon da. Platz ist nur noch für gute 1000 laufende Meter.

In jedem Jahr kommen 150 bis 200 laufende Meter hinzu, erläutert Diefenbacher. Dass die Fläche zur Neige geht, ist lange bekannt. Als das Archiv im Jahr 2000 in die Norishalle zog – sein erster zentraler Standort seit dem Zweiten Weltkrieg –, war das Fassungsvermögen auf bis zu 25 Jahre berechnet gewesen.

Magazine füllten sich schneller als gedacht

Doch die Magazine füllten sich sogar noch schneller als gedacht. Eine Gesetzesreform im Personenstandsrecht führte 2009 dazu, dass kommunale Archive auf einen Schlag tonnenweise historische Sterbe- und Traubücher aus den Standesämtern übernehmen mussten. Außerdem beschleunigt paradoxerweise die Digitalisierung den Zuwachs an Papier. Denn mit der Umstellung auf elektronische Aktenführung benötigen viele städtische Büros die älteren analogen Unterlagen nicht mehr. Sie geben sie ins Archiv.

Der Vorteil dieses Problems: Es hat noch etwas Zeit. Der Nachteil: Die Lösung wird teuer. Die Stadtverwaltung ist sich über mögliche Standorte noch im Unklaren. Diefenbacher schlägt städtische Räume am Bauhof oder den Keller des Einwohneramts an der Äußeren Laufer Gasse vor. Auch ein Teil des Pellerhauses am Egidienberg könnte infrage kommen – wenn die Statik es erlaubt, denn das Gewicht der Akten belastet jeden Boden erheblich. Die Kongresshalle wiederum wäre massiv genug, müsste jedoch klimatisch aufwändig umgerüstet werden.

Digitale Zukunft?

Die Bestände einfach strenger auszusieben, um Platz und Zeit zu gewinnen, wäre übrigens keine Lösung, wie der Archivdirektor erklärt. Vom Material, das die Stadtverwaltung anbiete, hebe das Stadtarchiv ohnehin nur fünf bis zehn Prozent auf. "Die Bewertung erfolgt nach streng wissenschaftlichen Kriterien", sagt Diefenbacher. Was der Stadtrat verhandelt, wird beispielsweise immer archiviert, was das Jugendamt bearbeitet, dagegen nur in Stichproben. Das Archivgesetz gibt dabei vor, was für die Allgemeinheit aufbewahrt und nutzbar gemacht werden muss, weil es beispielsweise rechtswirksam oder auch alt genug ist. "Wir können das nicht wegwerfen."

Langfristig betrachtet, wird das Stadtarchiv immerhin nicht grenzenlos wachsen müssen. Wenn es in der Zukunft tatsächlich einmal die papierlose Verwaltung gibt, bleiben irgendwann nur noch digitale Speichermedien übrig. Dass deren Pflege und Ordnung noch nach ganz neuen Systemen verlangen wird, ist dann wieder eine andere Frage.

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