Polizist warnte Kollegen nicht vor "Reichsbürger" Wolfgang P.

6.11.2017, 17:10 Uhr
Im Herbst 2016 erschoss Wolfgang P. (50) während einer Razzia in seinem Wohnhaus in Georgensgmünd einen Polizisten - nun wurde er wegen Mordes, zweifachen Mordversuchs und Körperverletzung in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

© Roland Fengler Im Herbst 2016 erschoss Wolfgang P. (50) während einer Razzia in seinem Wohnhaus in Georgensgmünd einen Polizisten - nun wurde er wegen Mordes, zweifachen Mordversuchs und Körperverletzung in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Vor knapp zwei Wochen wurde der sogenannte Reichsbürger Wolfgang P. unter anderem wegen Mordes an einem SEK-Beamten (32) zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt – P. hatte das Feuer eröffnet, als das SEK in sein Haus kam, um ihm seine 30 Kurz- und Langwaffen abzunehmen. Wäre es nach dem Willen der Staatsanwaltschaft gegangen, hätte sich in jenem Verfahren auch ein Polizeibeamter (51) verantworten müssen – denn die Ermittler unterstellten ihm, der damals als freigestellter Personalrat tätig war, seine Kollegen regelrecht verraten zu haben. Er habe von den Waffen des "Reichsbürgers" Wolfgang P. und auch dessen Gefährlichkeit gewusst, dies aber weder seiner Dienststelle noch dem Staatsschutzkommissariat mitgeteilt.

Im November 2016 wurde der beschuldigte Beamte vom Dienst suspendiert, die Anklagebehörde warf ihm fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt vor, jeweils durch Unterlassen. Doch bekanntlich saß in dem Hauptverfahren um die tödlichen Schüsse von Georgensgmünd (Landkreis Roth) nur Wolfgang P. vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth, der Polizist musste nicht auf der Anklagebank Platz nehmen. Denn bereits die Schwurgerichtskammer hielt die Vorwürfe nicht für haltbar und die Beweislast nicht für schwer genug – und eröffnete deshalb das Verfahren gegen den Polizisten nicht.

Verstoß gegen Waffengesetz

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg hat diese Entscheidung gerade bestätigt: Der Polizist habe, so der Senat, zwar gegen seine Pflicht, seine Kenntnisse über Wolfgang P. mitzuteilen, verstoßen. Doch der Senat hält es "nicht für hinreichend wahrscheinlich", dass die Weitergabe dieser Informationen den Tod des Polizeibeamten und die Verletzungen der beiden weiteren Polizisten bei der Razzia verhindert hätte.

Der freigestellte Personalrat ist weiterhin vom Dienst suspendiert, nach Auskunft seines Strafverteidigers Reinhard Debernitz freut er sich sehr über den OLG-Beschluss – natürlich war der Vorwurf, dass er die eigenen Kollegen quasi in die Falle laufen ließ, eine enorme Belastung. Gewusst, so Debernitz, habe der Polizist nach privaten Treffen mit Wolfgang P. nur, dass sich dieser gegen die Sicherstellung seiner Waffen massiv wehren wollte, angeblich allerdings nur gegen die Mitarbeiter des Landratsamtes, nicht gegen die Polizei.

Nach einem Besuch bei P. habe er auch Kenntnisse von der Architektur des Hauses gehabt. Der Knackpunkt: Selbst wenn der Polizist all dies seinen Kollegen erzählt hätte, wäre der Einsatzplan nicht geändert worden – der Gefährdungsanalyse lag bereits zugrunde, dass P. Widerstand leisten würde.

Den Polizisten erwartet übrigens gleichwohl ein Verfahren: Weil er eine Waffe zu Hause nicht vorschriftsgemäß aufbewahrt haben soll, wird er sich vor dem Amtsgericht Schwabach verantworten müssen. Dieser mögliche Verstoß gegen das Waffengesetz sei höchstens ein Ordnungswidrigkeit, so Anwalt Debernitz. Er will den Polizisten, gegen ihn läuft auch ein Disziplinarverfahren, wieder in den aktiven Dienst bringen. Gegen einen zweiten Beamten, auch er soll Kontakt zu Wolfgang P. gepflegt haben, wird noch ermittelt.