Prügel im OP: Chirurg schlägt Narkose-Arzt nieder

23.9.2010, 09:00 Uhr
Prügel im OP: Chirurg schlägt Narkose-Arzt nieder

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Das Herz dieses Arztes schlägt für seine Patienten: Wolfgang H. (Name geändert) wollte partout nicht akzeptieren, dass sein Kollege, ein Narkose-Arzt, einen Patienten seit den frühen Morgenstunden vergeblich warten ließ. Er drehte durch. Nun kassierte er wegen Beleidigung und Körperverletzung drei Monate Haftstrafe, dazu muss er 3000 Euro Bewährungsauflage zahlen.

Der Prozess beginnt mit einer akademischen Viertelstunde Verspätung, denn die Beteiligten treffen sich vorab zur Prozessabsprache. Sie vereinbaren ein volles Geständnis gegen eine milde Strafe und vor allem eine möglichst rasche und unspektakuläre Verhandlung ohne Zeugen.

Und dann windet sich der schlagende Doktor kein bisschen. Ja, alles war so, wie der Herr Staatsanwalt gesagt hat, er bereue sehr, könne jedoch nicht erklären, was in ihn gefahren sei, nur die Hintergründe, die würde er schildern.

Stöße in die Rippen

Rückblick: 10. März 2010, 14 Uhr, ein Mittwoch. Spötter halten den Mittwochnachmittag für einen Ärztefeiertag. Doch der Angeklagte, Hals-Nasen-Ohren-Arzt mit eigener Praxis, zudem seit einigen Jahren Belegarzt in der Nürnberger Sana-Klinik, dachte gar nicht an Feierabend. Er operierte, der Anästhesist stand dabei.

Die nächste OP, die Nasenscheidewand eines Patienten sollte korrigiert werden, war geplant. Da erfuhr W., dass der Narkose-Arzt diese Operation einfach abgeblasen hatte. Er geriet außer sich. So darf man mit Patienten nicht umgehen, kommentierte er bissig, beleidigte den Kollegen, schlug ihn. Ein Pfleger wollte schlichten und musste Rippenstöße einstecken.

Heute schämt sich H. so sehr, dass er die Klinik verließ und nach München umzog. Er schickte Entschuldigungsbriefe an seine Opfer, ließ über seine Anwälte (Harald Straßner, Rainer Heimler) Schmerzensgeld zahlen, 7000 Euro erhielt der Narkose-Arzt, 2000 Euro der Pfleger.

Kann die Schlägerei auch berufsrechtliche Folgen haben? Stehen Ärzte vor Gericht, wird immer auch der ärztliche Bezirksverband benachrichtigt, so Jodok Müller, Sprecher der Bayerischen Landesärztekammer. Er hält es für denkbar, dass eine Rüge ausgesprochen wird, weitere Konsequenzen drohen aus seiner Sicht kaum – denn auch für Ärzte gelten die Regeln der Resozialisation. Müller: „Man gibt Menschen eine zweite Chance – auch wenn sie straffällig geworden sind.“

Könnte die Kassenärztliche Vereinigung dem HNO-Arzt einen Strich durch seine weiteren beruflichen Pläne machen? Sprecher Martin Eulitz verweist auf den Zulassungsausschuss. Dieses Organ, paritätisch besetzt von den Krankenkassen und der Ärzteschaft, entscheidet letztlich im Einzelfall. Doch selbst wenn H. die Kassenzulassung verlieren würde, er könnte künftig auch nur noch Privatpatienten behandeln.