Prügel in Langwasser: Gefängnisstrafe für "Hilfssheriffs"

14.7.2016, 08:22 Uhr

Es war der zweite Weihnachtsfeiertag, bereits dunkel und das Gewerbegebiet in Langwasser war wie ausgestorben. Martin S. (Name geändert) saß im Büro seiner Firma. Plötzlich wurde er auf einen Transporter und zwei Männer aufmerksam, die auf einem benachbarten Fabrikgelände mit Paletten hantierten.

Als er nach dem Rechten sehen wollte, flüchteten die Männer: Einer rannte zu Fuß weg, der andere sprang in den Transporter und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Martin S. verständigte die Polizei und bat auch seinen Bruder zu kommen. Er habe ein mulmiges Gefühl gehabt. In dem Gewerbegebiet sei häufiger eingebrochen worden, so der Angeklagte vor einem Schöffengericht des Amtsgerichts Nürnberg.

Einige Zeit später sah S. den vorher zu Fuß geflüchteten Mann erneut im Industriegebiet herumlaufen. Er rief erneut die Polizei und ging auf die Straße. Laut den Aussagen des Geschädigten, sollen Martin S. und der mittlerweile eingetroffene Bruder mit gezückten Schlagstöcken auf ihn losgegangen sein. Dann prügelten sie ihn mit Stockschlägen und Fußtritten krankenhausreif. Als die Polizei kam, warfen die Angeklagten die Schlagstöcke weg. Martin S. versuchte sogar noch, einen Polizisten zu überreden, den Vorfall unter den Tisch fallen zu lassen.

Schädelprellungen und Nasenbeinbruch

Auch vor Gericht legten die Brüder zunächst nicht alle Karten auf den Tisch. Erst nach und nach ließen sie sich Details des Angriffs von der Vorsitzenden Richterin Martina Schmidt aus der Nase ziehen. Sie seien überzeugt gewesen, dass der Mann einen Einbruch plante. "Ich hatte nicht die Absicht, ihn zu verletzen, ich wollte, dass er Ruhe gibt", sagte Martin S. Im Prozess entschuldigten sich die Männer und boten ihrem Opfer 5.000 Euro Schmerzensgeld an.

Der Geschädigte räumte im Zeugenstand ein, dass er an jenem Weihnachtsfeiertag mit seinem Kumpel Paletten stehlen wollte. Einen Einbruch hätten sie aber nie geplant gehabt, so das Gewaltopfer. Er habe auf der Flucht seinen Schlüssel und sein Handy verloren. Deshalb sei er in das Gewerbegebiet zurückgekehrt. Martin S. und sein Bruder seien sofort auf ihn losgegangen, so der Mann, der Schädelprellungen, Platzwunden und einen Nasenbeinbruch von der Abreibung davontrug.

Ein Rechtsmediziner bestätigte, dass die Verletzungen des Mannes durch stumpfe Gewalteinwirkung entstanden. Schlagstockeinsatz und Fußtritte würden zum Verletzungsbild passen. Die Schläge auf den Kopf hätten auch zu schlimmeren Folgen, ja letztendlich sogar zum Tod des Mannes führen können.

Aufgrund dieser massiven Gewalteinwirkung und des gefährlichen Werkzeugs verurteilte das Schöffengericht die Brüder wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Gefängnis. Staatsanwalt Thomas Weyde hatte zuvor in seinem Plädoyer von Selbstjustiz gesprochen und sogar dreieinhalb Jahre Haft gefordert. Gegen die Männer sprach unter anderem, dass sie sich nur wenige Wochen vor der Tat in Langwasser wegen einer Prügelei mit einem Taxifahrer vor Gericht verantworten mussten. Das Verfahren wurde damals gegen eine Geldauflage eingestellt.