Raus aus dem Heim: Familie sucht neue Bleibe

26.11.2015, 08:36 Uhr

Wie es dazu kam, ist rasch erklärt: Im Frühjahr 2014 war Radek P. (Name geändert) aus der mittelfränkischen Partnerregion Pommern nach Nürnberg gekommen. Ihn lockte eine Anstellung bei einer Gerüstbaufirma. Untergebracht war er in den ersten Wochen in einem Hotel, dann bot ihm ein Landsmann an, sein Apartment zu übernehmen. Das liegt im Rüstigentrakt einer Seniorenanlage, war an den (allein stehenden) Freund aber frei vermietet worden, obwohl dieser von der Rente noch weit entfernt ist.

Als es ihn beruflich woandershin verschlug, wollte er die Nürnberger Bleibe nicht ganz aufgeben – und nahm Radek als Untermieter. Was der gelernte Schweißer nicht wusste: Von diversen Hilfen, vor allem Wohngeld, blieb er damit ausgeschlossen. Solange er allein war, kam er auch gut zurecht.

Doch kurz vor den Sommerferien zog seine Partnerin Joanna mit den Kindern nach. „Weiter getrennt zu leben, wäre nicht gut gewesen, schon gar nicht für die Kinder“, bekräftigt der Vater. Seither spielt sich das gemeinsame Leben, vom Schlafen und Essen bis zum Spielen und Hausaufgabenmachen, in dem einen Wohnraum mit Couch und Doppelliege ab. Weil das auf Dauer zu belastend ist, steckt das Paar seit Wochen alle Kraft in die Suche nach einer geeigneten Bleibe. Und legt jeden Euro zur Seite. „Wir hätten schon mehrere Wohnungen bekommen können, aber immer nur ohne Kinder“, erzählt das Paar.

Feste Wohnung in Aussicht - einige Hürden bleiben

Die Geschwister besuchen Übergangsklassen in einer Nürnberger Grundschule. Vor drei Wochen fand der Vater in Zeitarbeit eine Stelle im Schichtdienst bei einer Zulieferfirma der Automobilbranche. Der Mutter, einer gelernten Krankenschwester, fehlen in Deutschland noch die Anerkennung ihrer Abschlüsse und ausreichende Deutschkenntnisse. Für entsprechende Kurse fehlt das Geld – ebenso wie beispielsweise für Brillen, die beide Kinder zur Korrektur von Sehschwächen eigentlich benötigen.

„Wir wollen nicht auf Hilfe angewiesen sein“, bekräftigen Radek und Joanna P. – und sind es doch, zumindest bis einige Anfangshürden genommen sind. Um nachmittags für die Kinder da zu sein, schlägt sich Joanna derzeit in einer Lebkuchenfabrik die Nächte um die Ohren. Wie es weitergeht, wenn bald die Produktion wieder heruntergefahren wird, ist offen.

Nun hat die Familie überraschend eine feste Bleibe in Aussicht. Doch die Übernahme hängt am seidenen Faden. Für die hohe Kaution gehen beide Monatsgehälter drauf. Dann aber fehlt bis Mitte Dezember womöglich das Nötigste zum Leben.

Doch wenn der Umzug gelingt, eröffnen sich auch neue Möglichkeiten. Zum Beispiel ein Antrag auf Wohngeld. Noch wichtiger wäre freilich, dass die Familienkasse endlich die Kindergeldanträge bearbeitet. Die Behörde, die zur Bundesanstalt für Arbeit gehört, ist viele Monate im Verzug – fast wie das Asylbundesamt. Leidtragende sind Abertausende von Familien in ganz Deutschland. Selbst Klagen, auch beim Nürnberger Sozialgericht, verpufften bisher oft wirkungslos.

Und es ist beinahe ein Teufelskreis: Ohne Kindergeld kann die Familie auch keinen Kinderzuschlag beantragen. Und ohne diesen, oder eben auch Wohngeld, wird ihr auch nur ein „halber“ Nürnberg-Pass zugebilligt. Ohne den wiederum ist ihr auch die Tür zur Nürnberger Tafel verschlossen. „Die permanente Unsicherheit belastet die Kinder ganz besonders, obwohl die Eltern alles für sie opfern“, bestätigt die Sozialpädagogin vom Allgemeinen Sozialdienst.


„Freude für alle“ bittet heute ganz besonders um Unterstützung für Familien auf dem Weg zur Integration. Die Spendenkonten:

Sparkasse Nürnberg: DE 63 7605 0101 0001 1011 11; Sparkasse Fürth: DE 96 7625 0000 0000 2777 72; Sparkasse Erlangen: DE 28 7635 0000 0000 0639 99; Postbank Nürnberg:DE 83 7601 0085 0400 0948 54

Jeder Euro kommt ohne Abzug für Verwaltungskosten Bedürftigen zugute. Für zweckgebundene Zuwendungen bitte Fallnummer angeben.

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