"Refugees Nürnberg": Parteien stellen sich Fragen von Flüchtlingen

19.9.2017, 13:47 Uhr

© F.: Refugees Nürnberg

Anknüpfend an die bundesweite Kampagne "Hier lebe ich, hier wähle ich", welche Mitbürgern, die keine Wahlberechtigung haben, mit symbolischen Wahlen und Veranstaltungen eine Partizipationsmöglichkeit an der Demokratie in Deutschland geben soll, initiierte der Verein einen Informationsabend für Geflüchtete.

Hatten Grünen-Stadträtin und Bundestagsdirektkandidatin Britta Walthelm, Regina Frieser (Kreisvorsitzende der Jungen Union Nürnberg-Ost), Gizem Fesli (Die Linke), Jörg Knapp (Die Partei), Alexander Liebel (stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP Nürnberg), SPD-Stadtrat Nasser Ahmed und Martin Sichert (AfD-Bundestagskandidat) in einer von Sassan Gordan moderierten Eingangsrunde zunächst noch die Möglichkeit, Wahlslogans und Kernaussagen ihrer Partei in kurzen Statements vorzutragen, standen schnell die Fragen der Teilnehmenden im Mittelpunkt. Die jungen Geflüchteten, von denen die einen erst seit wenigen Monaten und andere bereits mehrere Jahre in Nürnberg zu Hause sind, lockten die Politiker dabei immer wieder aus der Reserve.

Da war die Frage eines jungen Mannes, dem es seit seiner Flucht aus einem Kriegsgebiet partout nicht in den Kopf geht, weshalb Deutschland mit Rüstungsexporten so viel Geld verdient. Wenngleich er überhaupt nicht darauf stolz sei, dürfe man nicht vergessen, dass Waffen manchmal für friedensstiftende Maßnahmen notwendig seien, argumentierte Nasser Ahmed aus Sicht der Regierung.

Ein Geflüchteter kritisierte den "bayerischen Sonderweg" in Bezug auf die Möglichkeit, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Weshalb es gerade im Süden der Bundesrepublik eine so rigide Auslegung des Integrationsgesetzes gibt, konnten ihm weder Regina Frieser noch einer der anderen Diskutanten wirklich erklären. Die Kommentare reichten von "Ich kapiere nicht, wieso wir das nicht auf die Reihe bekommen, das bringt schließlich jedem etwas" (Alexander Liebel) bis hin zu "Das ist Teil der Abschreckungspolitik, die hier betrieben wird, denn umso besser ihr Euch integriert, desto höher sind die Chancen, dass ihr hierbleibt" (Gizem Fesli).

Kontakte zu knüpfen sei schwierig

Auf die oft beschworene "Willkommenskultur" haben die geflüchteten Menschen eine eigene Sicht, auch das zeigte der Abend deutlich: Anstelle der mantraatrigen Wiederholung des Wortes "Integration" wünschten sie sich vielmehr konkrete Angebote, so die Kritik.

Aus ihrer Sicht seien weder Ehrenamtskreise noch die oftmals geforderte Teilhabe in Sportvereinen der richtige Weg, um echte Kontakte knüpfen zu können. "Wir erleben immer wieder, dass Ehrenamtliche am Ende
des Kurses ihren Ehrenamtlichen-Hut wieder abnehmen, nach Hause in ihren deutschen Freundeskreis gehen und dort unter sich bleiben", so der Tenor.

Auch in Sportvereinen sei es schwierig, mit Deutschen ins Gespräch zu kommen. Während Britta Walthelm auf Nachfrage die Bedeutung des Familiennachzugs als konkreten Baustein für eine gelungene Integration hervorhob, betonte Martin Sichert die Schuld der Bundeskanzlerin, die mit ihrer Grenzöffnung im Herbst 2015 die deutsche Gesellschaft überhaupt erst gespalten und die Entwicklung neuer Parallelgesellschaften befördert habe.

Eine Aussage, die von den Teilnehmenden genauso mit Kopfschütteln quittiert wurde, wie seine Antwort auf die Frage, inwiefern die Ziele seiner Partei nicht gegen die in Deutschland wichtigen Werte wie Demokratie, Freiheit und Toleranz stehen würden: Ganz im Gegenteil. Die AfD würde diese Werte mit ihrer Politik sogar massiv verteidigen.

Am Ende war es Jörg Knapp, dessen Partei eher dafür bekannt ist, dem Politikbetrieb einen satirischen Spiegel vorzuhalten, der den Abend zusammenfasste: Für ihn war dieser ein Lehrstück für Demokratie.

Verwandte Themen


Keine Kommentare