Reichsparteitagsgelände: Söder sieht Bund in der Pflicht

25.3.2017, 05:50 Uhr
Die Zeppelintribüne auf dem Reichsparteitagsgelände: Die Kosten für die Sanierung des Areals betragen über 70 Millionen Euro.

© Eduard Weigert Die Zeppelintribüne auf dem Reichsparteitagsgelände: Die Kosten für die Sanierung des Areals betragen über 70 Millionen Euro.

Der CSU-Politiker wies darauf hin, dass die Erhaltung des Geländes im aktuellen Koalitionsvertrag erwähnt werde.

Oberbürgermeister Ulrich Maly ergänzte am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung in der bayerischen Landesvertretung, die Kosten betrügen rund 73 Millionen Euro, verteilt auf zehn bis zwölf Jahre. Söder versprach, dass für je zwei Euro, die der Bund zur Verfügung stelle, "ein Euro aus Bayern folgen" werde. Aber nun müssten zunächst die Verhandlungen beginnen. "Wir brauchen ein deutliches Signal." Möglicherweise sei der beginnende Wahlkampf eine gute Gelegenheit, das Geld "reinzuholen". Maly führte als Beitrag der Stadt den Betrieb der Gedenkstätte an.

Das Besondere an dem elf Quadratkilometer großen Gelände sei, dass es "kein Ort der Opfer, sondern einer der Täter" sei. Die einst massenhafte Begeisterung bei den Reichsparteitagen zeige, dass die Verantwortung für die nationalsozialistischen Gräuel nicht nur bei den 24 Hauptangeklagten der Nürnberger Prozesse liege. Ziel der Konservierung und der Anwendung moderner Museumspädagogik sei, die Steine zum Sprechen zu bringen, sagte das Stadtoberhaupt.

Neue Wege der Erinnerungskultur

Der Marburger Historiker Eckart Conze wies darauf hin, dass die Zeitzeugen inzwischen fast alle tot seien und man Erinnerungskultur anders pflegen müsse. Er plädierte dafür, den derzeitigen Zustand und damit den aus heutiger Sicht fragwürdigen Umgang mit den Bauwerken in der Nachkriegszeit festzuhalten. 1967, als Forderungen nach einem "Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit" an der Tagesordnung waren, wurden etwa die Säulenkolonnaden auf der Krone der Zeppelintribüne gesprengt. Das trug auch dazu bei, dass das verbliebene Mauerwerk immer brüchiger wurde. Zusammen mit dem Saal 600 des Justizpalastes sollte "Nürnbergs zentrale Rolle als eine komplexe Geschichtslandschaft" hervorgehoben werden, sagte Conze. In dem Saal wurden während der Nürnberger Prozesse die Haupttäter verurteilt und die Grundlagen für eine internationale Strafgerichtsbarkeit gelegt.

Erinnerung an Bob-Dylan-Konzert

Philippe Sands, Professor für internationales Recht und Kronanwalt in London, lobte "als stolzer Bürger der Europäischen Union" die Kultur der Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Auch er plädierte dafür, das Zeppelinfeld "nicht wieder aufzubauen, sondern in seiner derzeitigen Form zu bewahren". Kein anderer Ort spiegle das Monströse der NS-Herrschaft besser wider. Sands erinnerte an das berühmte Bob-Dylan-Konzert von 1978 auf dem Areal: Der sang damals das Antikriegslied "Masters of War". Sands regte an, das Gelände aufzuwerten, indem Künstlern die Möglichkeit gegeben werde, ihre Kreativität einzusetzen. "Seien Sie offen für die Möglichkeiten der Imagination", empfahl er Maly und den Verantwortlichen für den Erhalt des Geländes. Neue Zielgruppen gelte es zu erreichen.

Kulturreferentin Julia Lehner nahm als "Auftrag" aus der Veranstaltung mit, "Nürnberg als gesamthafte Kulturlandschaft" zu gestalten, damit beispielsweise auch Zielgruppen mit Erfahrungen anderer Diktaturen angesprochen würden. Allen sei aber bewusst, dass man "niemals einen Schlussstein setzen" könne hinter die Vergangenheit, die sich auch im Reichsparteitagsgelände manifestiere.

9 Kommentare