Respekt, ein offenes Ohr und ein Essen
11.12.2014, 09:30 UhrSchon im Treppenhaus wird klar: So wie es hier riecht, gibt es im Erdgeschoss in der Bogenstraße 30 in Nürnberg etwas Leckeres zu essen. Während die Köchin in der Küche an der Linsensuppe mit Räuchertofu und am Gugelhupf die letzte Hand anlegt, sind die Tische im Café bereits mit Liebe zum Detail gedeckt – mit roten Tischläufern, kleinen Elchen aus Holz und Kerzen. So geschmackvoll schauen hier die Tische immer aus, betont Daniela Dahm: „Hier geht es nicht nur um eine warme Mahlzeit. Hier bekommen unsere Besucherinnen Respekt und Wertschätzung.“ Für Frauen, die mit der Sucht zu kämpfen haben und hierher kommen, ist das keine Selbstverständlichkeit.
Ablehnung oder gar Verachtung gegenüber den drogenabhängigen Frauen sind weit verbreitet, weiß die Lilith-Geschäftsführerin. „Es gibt eine starke Stigmatisierung.“ Dabei hat der Verein auch Akademikerinnen als Klientinnen. Und nicht zwangsläufig ist jede Lilith-Klientin arbeitslos. „Der Leistungsdruck in unserer Gesellschaft nimmt immer mehr zu. Viele Frauen fangen an, Drogen zu konsumieren, um die Doppelbelastung Familie und Beruf zu schaffen“, so die Sozialpädagogin.
Das Café, das dreimal in der Woche offen hat, spielt in der Arbeit von Lilith eine wichtige Rolle. „Es ist ein sehr niedrigschwelliges Angebot. Viele Frauen haben große Hemmungen, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, erläutert Dahm. So können es sich die Besucherinnen im Café gutgehen lassen, Vertrauen zu den Lilith-Mitarbeiterinnen gewinnen und dann unter Umständen von vielen anderen Angeboten der Einrichtung profitieren. Diese reichen von der Beratung und Veranstaltungen über Sachspenden bis zu Arbeitsprojekten.
Es geht aber noch um einiges mehr, betont Andrea Gerhard, die das Café betreut: „Hier können sich die Frauen austauschen, Freundschaften knüpfen. Denn Sucht macht einsam.“ Zweimal in der Woche gibt es dort einen kostenlosen Mittagstisch. Das Essen wird frisch zubereitet und besteht aus zwei bis drei Gängen. Besucherinnen können auch ihre Kinder unter zwölf Jahren mit ins Café nehmen. Diese bekommen nicht nur eine ausgewogene vegetarische Mahlzeit serviert, sondern werden von einer Erzieherin in einem Spielzimmer betreut.
"Mehr Kapazitäten haben wir nicht"
Bis zu 30 Portionen gehen jedes Mal über die Café-Theke. „Mehr Kapazitäten haben wir nicht. Wir stoßen an die räumlichen Grenzen, aber auch, was die Anzahl der Mitarbeiterinnen betrifft“, so die Einrichtungsleiterin. „Wir würden gerne drei- statt zweimal ein Mittagessen anbieten und das-Café insgesamt vier- statt dreimal offen haben“, wünscht sich die Suchttherapeutin Erhard. Doch auch finanziell stößt der Verein mit dem Café-Angebot immer wieder an seine Grenzen. „Sowohl die Miete als auch die Lebensmittel für das Café müssen wir aus Spenden finanzieren“, sagt Dahm. Dieses Jahr stand das Café bereits auf der Kippe, erzählt Dahm. Ein Zuschuss der Stadt Nürnberg rettete das Projekt vor dem Aus. Die warmen Mahlzeiten hat der Verein „Lobby für Kinder“ finanziert.
Die Café-Mitarbeiterinnen tun vieles dafür, dass es für die Frauen nicht nur bei einem Essen und Gesprächen im Café bleibt. So bekommt jede Besucherin auch das Rezept des jeweiligen Mittagessens mit nach Hause. „Wir wollen sie zum Nachkochen animieren“, so Andrea Erhard. Das gelingt immer wieder. Außerdem können die Besucherinnen regelmäßig kreativ werden und schöne Sachen für das Café und ihr Zuhause gestalten. Vor kurzem haben sie gemeinsam Adventskränze gebastelt. „Das war sehr schön. Eine Beschäftigung, die etwas ganz Normales darstellt, obwohl die Biografie der Frauen jenseits der Normalität liegt“, sagt Erhard.
Lilith e.V.
Telefon: 0911/472218
Spendenkonto: Sparkasse Nürnberg
IBAN DE82760501010001040241
Stichwort „Wunschzettel“
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