Sanfte Berührung schafft Vertrauen

2.2.2016, 19:25 Uhr
Sanfte Berührung schafft Vertrauen

© Mathias Orgeldinger

Cowboy-Hut, Ansteckblume und rote Jacke. Die 78-jährige Kanadierin, die in den USA eine Pferde-Ranch betrieb und heute auf Hawaii lebt, weiß, wie man Körpersignale setzt und Aufmerksamkeit erzielt, ohne viele Worte zu machen. Im Gehege der Przewalski-Pferde wird sie bald von mehreren Tieren umringt. Mit sanften, kreisenden Bewegungen ihrer Fingerspitzen „massiert“ sie Hals und Kopf der Urwildpferde. „Das ist mehr als Fellstreicheln“, erklärt Tierärztin und „TTouch“-Lehrerin Daniela Zurr vom Zentrum für Ganzheitliche Tiermedizin in Bräunigshof. Sie hat den Zoobesuch vermittelt.

Sanfte Berührung schafft Vertrauen

© Mathias Orgeldinger

Linda Tellington-Jones bewege die Oberhaut gegen tieferliegende Schichten, um die dort liegenden Nervenrezeptoren anzuregen, sagt Zurr. Besonders intensiv sei der „TTouch“ im Bereich des Maules. Oft berühre sie das Tier nur mit der Außenseite der Finger. Diese Handhaltung, mit der man naturgemäß nicht zupacken könne, sei eine vertrauensbildende Maßnahme.

„Wir achten jedes Tier und sehen es als Lehrer für uns und unser Leben“, steht auf der Homepage des schweizerischen Tellington-TTouch-Interessens- und Berufsverbandes. Das ist eine von vielen Internetseiten, mit der die gewaltfreie Trainingsmethode für Pferde, Hunde, Katzen und Kleintiere beworben wird. Der TTouch dient als Kommunikationsmittel zwischen den Arten. Ein Grundsatz lautet: „Unsere Zusammenarbeit mit Tieren baut nicht auf Macht und Beherrschung, sondern auf Verständnis und Vertrauen auf.“

Sanfte Berührung schafft Vertrauen

© Mathias Orgeldinger

Linda Tellington-Jones – eine Pferdeflüsterin? „Es geht nicht ums Flüstern, sondern ums Zuhören“, betont Zurr. Tellington-Jones beobachte die Tiere sehr genau, achte auf Mimik, Körperspannung und Atemrhythmus. Dem unbeteiligten Betrachter fällt das nicht auf. Er registriert nur, wie bereitwillig sich beispielsweise der Tapir von einer ihm völlig fremden Person „manipulieren“ lässt.

Genüsslich schließt er die Augen, wenn die Tiertrainerin seine Ohren massiert. So sieht es zumindest aus. Was der Flachlandtapir wirklich fühlt, wissen wir nicht. Ebenso wenig wie bei den Delfinen Moby und Kai, die menschliche Berührungen durch jahrelanges Training gewohnt sind. Immerhin. Wäre ihnen die Situation unangenehm, könnten sie dies zum Ausdruck bringen.

Über die Wirksamkeit der Methode kann eine kurze Demonstration ohnehin nur wenig aussagen. Bei regelmäßiger Anwendung dieser mit der Akupressur verwandten Technik konnten jedoch schon erstaunliche Erfolge erzielt werden: Pferde, die sich nicht satteln ließen, kooperieren plötzlich. Fohlen, die das Saugen verweigert haben, trinken. Nervöse Hunde entspannen sich. Mensch und Tier vertrauen sich gegenseitig. „Viele Menschen berichten, dass die Anwendung der TTouch-Methode ihre Beziehung zu ihrem Tier verändert hat und sie das Tier mit ganz neuen Augen sehen“, schreibt der Schweizer TTouch-Verband auf seiner Webseite.

Nach Aussage ihrer Befürworter lässt sich diese Körperarbeitstechnik nicht nur bei vielen Haus- und Zootierarten sondern auch beim Menschen anwenden. Entsprechende Schulungskurse werden seit 2003 unter dem Markenzeichen „TTouch-for-You“ angeboten.

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