Schädelbruch am Färbertor: War es versuchter Totschlag?

21.11.2014, 06:00 Uhr

Gegen 4.35 Uhr, in den frühen Morgenstunden des Ostermontags, verließ ein Student aus dem Landkreis Neumarkt eine Diskothek. Mit seinen Freunden lief er in die Innenstadt. Seine Erinnerung setzt erst wieder am Dienstag ein - als er im Krankenhaus erwachte. Die Diagnose: Schädelbasisbruch.

Es dauerte Wochen, bis er wieder in die Uni gehen konnte, bis heute plagen ihn Kopfschmerzen. Und was ihm widerfuhr, wird vor der Schwurgerichtskammer seit vier Tagen zu rekonstruieren versucht.

Auch der gleichaltrige Angeklagte Peter M. (Name geändert), ein Physiotherapeut aus Westmittelfranken, war in jener Nacht mit anderen unterwegs – am Färbertor trafen die beiden Gruppen aufeinander. Eine verhängnisvolle Begegnung. Es fielen Beleidigungen, es wurde provoziert, es entstanden Missverständnisse, und wohl, weil alle angetrunken waren, eskalierte die Situation.

Peter M., so ein Zeuge, "rannte wie ein Stier" auf den gleichaltrigen Nachtschwärmer zu. Er stieß ihm die Faust ins Gesicht und der Schlag, M. ist Bodybuilder, ließ den anderen stürzen. Ein Sturz, zu dem die knöchernen Verletzungen des Schädels passen, erklärte der Rechtsmediziner. Peter M. entschuldigt sich und ließ dem Geschädigten über seine Anwälte Malte Magold und Franz Heinz fast 6000 Euro zukommen. Eine Anzahlung auf 15.000 Euro Schmerzensgeld – eine Summe, die er abzustottern verspricht. Aber der Schadenersatz, so die Anwälte, sei nur möglich, wenn M. nicht ins Gefängnis kommt und seinen Arbeitsplatz behalten kann.

Geht es nach Staatsanwalt Markus Bader, muss Peter M. wegen versuchten Totschlags fünf Jahre hinter Gitter. Denn er trat, davon ist Bader überzeugt, seinem am Boden liegenden Opfer mit dem Fuß ins Gesicht. Dabei habe M., schon seiner medizinischen Ausbildung wegen, gewusst, dass dies lebensgefährlich sei.

Heftige Vorwürfe

Zeugen bestätigten den Tritt, auch klebte am Spann von M.s Schuh das Blut des Opfers. Wäre er nur in Blut getreten, es würde an der Sohle haften, sagt Bader.

Doch Peter M. will nicht getreten haben – und weil er auch behauptet, dass er zuerst angegriffen wurde und sich nur verteidigt habe, spricht Anwalt Magold von Notwehr und fordert Freispruch. Ko-Verteidiger Heinz geht dagegen von Körperverletzung aus und bittet um eine Bewährungsstrafe. Am brutalen Tritt zweifelt auch er – es sei denkbar, dass das Blut durch eine andere Berührung an dem Schuh kleben blieb.

Angeklagt ist auch ein Nürnberger (23), der den Physiotherapeuten angefeuert haben soll. Da der Ankläger zweifelt, dass M. dies überhaupt hörte, plädiert er, ebenso wie Anwältin Sandra Schlegtendal, für Freispruch.

Anwalt Magold erhebt seit Beginn des Verfahrens heftige Vorwürfe: Die Polizei ermittelte einseitig, der Staatsanwalt habe Entlastungszeugen eingeschüchtert, der Rechtsmediziner äußere sich nur ungern zugunsten der Verteidigung. Auch dem Gedächtnisverlust des Geschädigten misstraut er. Nächste Woche wollen die Richter ihr Urteil sprechen.

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