"Schal-Raub" am Bahnhof: Drei Clubfans vor Gericht

23.6.2017, 15:22 Uhr

Ja, es gibt noch Kleidungsstücke, die anzeigen, zu welcher Gesellschaftsschicht man zählt – der Fanschal demonstriert offensichtlich die Zugehörigkeit zu einer gern schon am Samstag- oder Sonntagnachmittag betrunkenen Gruppe.

Am 23. Oktober 2016 konnten drei Club-Anhänger offenkundig nicht enträtseln, auf welche Art von Fantum sie blickten: An jenem Nachmittag fand in Nürnberg das Zweitligaspiel zwischen dem 1. FCN und Hannover 96 statt; aber im Eingangsbereich des Hauptbahnhofs saß ein Mann, der einen Schal von Werder Bremen trug.

Sie knurren: "Falscher Schal"

Die drei Angeklagten hätten gut gelaunt sein können, hatte ihr Club doch Zwei zu Null gewonnen. Doch, so Staatsanwalt Tobias Kulhanek, das Trio streunte durch den Bahnhof, um gemeinsam "bei geeigneter Gelegenheit gegnerische Fans abzuziehen".

Als die drei gegen 16.45 Uhr den Mann mit dem Werder-Schal erblickten, knurrte einer "Falscher Schal" – und als der Angesprochene mit den Worten, "Klar. Erste Liga", konterte, fühlten sich die Club-Fans "wohl provoziert", wie Verteidiger Frank Miksch acht Monate später vor Gericht anmerkt. Fest steht: Nur wenige Minuten später lag der Werder-Fan verletzt am Boden, sein Schal war weg.

Heute ist den Angeklagten, die beiden älteren Männer sind Brüder, wohl klar, das ihr Schal-Raub kein sportliches Element ist – die Anklage wiegt schwer. Flankiert von ihren Anwälten Frank Micksch, Thomas Dolmany und Nicole Obert sitzen sie nun vor der 13. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Kalkuliert wird mit drei Verhandlungstagen, der 23-Jährige sitzt seit Dezember sogar in U-Haft.

Wie es nur soweit kommen konnte? Der Werder-Bremen-Fan (37) und seine gleichaltrige Lebensgefährtin hatten der Tochter (13) die Eintrittskarte zum Geburtstag geschenkt – nach dem Spiel ging die Familie zum Bahnhof, um die Heimreise Richtung Ansbach anzutreten. Die drei saßen im Bahnhof, als die Frau plötzlich von einer Flasche am Kopf getroffen wurde. Sie sei kurz benommen gewesen, schildert die Zeugin, fast gleichzeitig sei ihr Partner von den Club-Fans geschlagen worden, die Tochter rief die Polizei zu Hilfe.

Massive Beleidigungen

Doch ebenso wie den Angeklagten – sie räumen die Vorwürfe größtenteils ein – fällt den Zeugen die Erinnerung nicht leicht. Ordentlich alkoholisiert waren alle der Beteiligten. Unklar sind daher wichtige Details: War die geworfene Flasche aus Plastik oder Glas? Ging der Geschädigte seinerseits die Club-Fans aggressiv an? Eine Entschuldigung der Angeklagten blockt die Mutter ab – ihre Tochter werde bis heute von der Erinnerung an den Übergriff gequält.