Schmerz, der unter die Haut geht: Tattoo Expo in Nürnberg

18.4.2015, 18:43 Uhr
Wie schwer ein gutes „Cover up“ zu erstellen ist, erklären Robert Grube und Marianna Willer (Metatron).

© Mark Johnston Wie schwer ein gutes „Cover up“ zu erstellen ist, erklären Robert Grube und Marianna Willer (Metatron).

Der Geschmack, nicht die Trends, spielen die Hauptrolle bei Tattoos. Und so sitzt Diana Riedl auf einer Liege, während Diana Auerbach auf ihrem Oberschenkel für 350 Euro ein Fabelwesen mit drei Brüsten entstehen lässt: Kunterbunt und „einfach crazy!“, sagt die Kundin strahlend. Den anderen Oberschenkel ziert bereits ein Tattoo-Aquarell, es entstand bei der letzten Tattoo Convention. Sechs Stunden wird sie stillhalten müssen. Käme für sie ein „Cover up“, eine Übermalung, infrage, falls ihr ein Tattoo einmal nicht mehr gefällt? „Für mich ist das kein Thema, ich steh’ dazu bis zum Ende! Jedes Tattoo steht für einen Lebensabschnitt.“

Hat man den Namen einer verflossenen Liebe auf der Brust stehen, sieht man das vielleicht anders. „Wir versuchen, den Kunden Namen-Tattoos von Partnern auszureden“, erklärt Vitaly (Viktor Tattoo) aus Fürth. „Besser ein Symbol als einen Namen stechen lassen“, rät er mit Blick auf die Wandelbarkeit heißer Gefühle.

Doch warum nicht aus Sibylle einfach Doris machen? „Name über Name – geht nicht! Motiv oder Bild über Name – ja.“ Robert Grube (Metatron) aus München kennt Cover ups aus eigener Erfahrung. Eine Hand, die ein Herz hält – „hab ich mir mit 16 machen lassen.“ Oder den großen Adler mit Krallen – „Jugendsünden!“ Er lacht. Doch auch bei Billigangeboten geschehen Unfälle, warnt er: „Eine Tätowierung habe ich ein Leben lang, da sollte man nicht sparen.“ Cover-up-Tattoos seien schwer umzusetzen und aufwendig. „Deshalb machen wir sie nur im Studio, nicht auf der Messe.“

Speziell beim Namen der einstigen Liebe sieht man inzwischen auch selbstbewusste Lösungen: „Manche lassen sich einen ,Erledigt-Stempel‘ darüber tätowieren“, ergänzt Marianna Willer anerkennend. „Da gibt’s schon Ideen!“ Kann man auch nicht von Trends sprechen, „so bevorzugen Frauen gern den Aquarell-Stil, der funktioniert auch gut bei helleren Hauttypen. Blumen, Schmetterlinge, Bäume, Vögel – wie mit Wasserfarben gemalt“, erläutert sie und zeigt in Haut gestochene Kunstwerke.

Allgemein würden inzwischen häufig Motive mit 3-D-Effekt gewünscht. Leider gäbe es auch immer wieder den Wunsch nach einem Hakenkreuz-Tattoo, berichtet Grube. „Lehnen wir ab. Da sagen wir freundlich: verpiss dich!“

Wer große Flächen auf dem Rücken oder am Oberschenkel tätowieren lässt, muss für viele Stunden Geduld mitbringen. Voll Hochachtung spricht Tattoo-Urgestein Harry – 1984 eröffnete er das erste offizielle Tattoo-Studio in Nürnberg – über die Kollegen: „Ich steche alles, was verlangt wird. Was ich nicht kann, mache ich nicht und schicke die Leute weiter. Denn manche Kollegen sind derartige Künstler – unglaublich!“

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