Schock für Nürnberger Familie: Sarg kippte senkrecht ins Grab

22.3.2019, 10:31 Uhr
Der Friedhof in Mögeldorf aus der Vogelperspektive. Hier gab es bei einer Beisetzung im vergangenen November Probleme, den Sarg unter die Erde zu bringen. Ingeborg Loos, die Witwe des Verstorbenen, möchte die Eichentruhe exhumieren lassen.

© Oliver Acker Der Friedhof in Mögeldorf aus der Vogelperspektive. Hier gab es bei einer Beisetzung im vergangenen November Probleme, den Sarg unter die Erde zu bringen. Ingeborg Loos, die Witwe des Verstorbenen, möchte die Eichentruhe exhumieren lassen.

"Ich habe deswegen keine Ruhe mehr", sagt Ingeborg Loos. Sie befürchtet, dass ihr Mann in dem senkrecht stehenden Sarg zusammengesackt ist. "Der liegt da jetzt bestimmt drin wie ein Karnickel, da ist doch keine menschliche Würde mehr da." Den Abschied von ihrem verstorbenen Mann hatte sich die 69-Jährige ganz anders vorgestellt.

"Mein Mann wollte einen Eichensarg", sagt die Nürnbergerin. Im Internet habe ihr einer besonders gefallen: eine große Truhe aus hellem Holz mit Blumenornamenten. Das von ihr engagierte Schwabacher Bestattungsinstitut besorgte den Sarg und gab Maße und Gewicht an die Nürnberger Friedhofsverwaltung weiter. Man brauche für den schweren Sarg mindestens sechs, besser acht Sargträger, teilte die Bestatterin den Verantwortlichen mit. Und auch, dass der Sarg etwas länger sei als normalerweise.

Loos erinnert sich genau an den Tag im November. Als die Sargträger – es waren sechs gewesen – die Eichentruhe ins Grab lassen wollten, habe sich eine Seite verkantet. "Plötzlich stand der Sarg senkrecht drin." Die Witwe und die Trauergäste waren geschockt. Keiner, weder Sargträger noch Pfarrerin, hätten etwas gesagt.

"Seine Totenruhe ist gestört"

Stattdessen holten die Träger die Truhe wieder aus dem Loch. "Wir konnten keine Blumen auf den Sarg werfen, kein Abschied war möglich“, sagt die 69-Jährige. "Da fehlte jede Pietät." Während sie die Gäste verabschiedete, wagten die Sargträger einen neuen Versuch. Und wieder geriet der Sarg in die Senkrechte. Ihr Mann liegt zusammengesackt in seinem Sarg, ist sich Loos sicher. "Seine Totenruhe ist gestört." Sie möchte deshalb, dass der Sarg exhumiert und ihr Mann wieder aufgerichtet wird. Weil die für die Beerdigung zuständige Friedhofsverwaltung und der Träger des Friedhofs, die Kirchengemeinde Mögeldorf, jedoch dagegen sind, hat sich Ingeborg Loos einen Anwalt genommen.

Auch Gerhard Kratzer weiß, dass die Beisetzung schiefgelaufen ist. "Wir bedauern das zutiefst", sagt der Leiter der Friedhofsverwaltung. Das Bestattungsinstitut habe alles richtig gemacht und seine Mitarbeiter über den schweren Sarg informiert. "Wir haben gewusst, dass es schwierig wird." Dennoch habe man es probieren wollen und umfangreiche Vorkehrungen und Pläne gemacht. Das ausgehobene Erdloch hätten die Mitarbeiter sogar mechanisch verschalt, was sonst auf dem Mögeldorfer Friedhof per Hand gemacht wird. Doch der extrem bewegliche Boden in zwei Metern Tiefe, sagt Kratzer, habe einen Strich durch die Rechnung gemacht. 

Riesige Baustelle wäre nötig

Die Schalung habe dem Druck auf das Erdreich nicht standgehalten. "Eigentlich hatten wir 2,5 Zentimeter Spiel, die waren dann weg." Deshalb habe sich die Eichentruhe verkantet. Kratzer glaubt aber, dass eine Öffnung des Grabes eine noch größere Ruhestörung bedeuten würde. "Es wäre eine riesige Baustelle nötig, denn wir müssten den Sarg mit einer Hebevorrichtung herausholen." Und eine größere Tiefbaumaßnahme hätte auch Auswirkungen auf die Gräber im Umfeld, befürchtet er. Ganz zu schweigen von den Kosten, die er auf eine fünfstellige Summe schätzt.

So sieht das auch die Kirchengemeinde Mögeldorf. Durch eine Exhumierung sei die Totenruhe zahlreicher umliegender Grabstätten gestört, sagt Dekanin Christine Schürmann. 

Ingeborg Loos hingegen sagt, dass die Schalung am Tag der Beisetzung intakt gewesen sei. Vielmehr seien Unachtsamkeit und Überforderung schuld gewesen an der missglückten Beisetzung. "Die Sargträger waren nicht stark genug für die Eichentruhe und haben sie deshalb schräg in das Loch gelassen."

Nun müssen wahrscheinlich die Gerichte klären, was schwerer wiegt: das Pietätsgefühl der Angehörigen oder die Totenruhe der bestehenden Gräber.

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