Schüler haben beim Brezenbacken den Bogen raus

20.3.2018, 19:38 Uhr
Schüler haben beim Brezenbacken den Bogen raus

© Horst Linke

Wenn aus der Backstube ein köstlicher Geruch von frisch gebackenem Brot strömt, atmet man vielleicht tiefer ein und genießt den Moment. Die Achtklässler der Friedrich-Staedtler-Mittelschule schnuppern in der Bäckerei Döllner im Kleinreuther Weg zwei Stunden lang – und nicht nur das. Aus länglichen Teigstücken werden sie Brezen formen – keine einfache Aufgabe. Tamara ergreift vorsichtig ein Teigende und legt es bogenförmig auf dem dickeren Mittelstück ab. Dann kommt das andere Ende dran. Das Resultat sieht etwas verwegen aus. Tamara muss selbst darüber lachen. "Eh, das ist ja richtig lustig!", ruft die 14-Jährige und macht sich sogleich über das nächste Teigstück her.

Bäckermeister Markus Döllner ist bei dem Projekt "Ernährung macht Schule" einer von Nürnbergs ersten aktiven Mitgestaltern, bei denen Mittel- und Realschüler das Handwerk mit all ihren fünf Sinnen erleben können. Als er von dem Konzept erfuhr, überlegte er nicht lange, sondern wusste gleich: "Da mache ich mit!"

Projektmanagerin Wilma Bröker hofft auf weitere Ernährungshandwerker mit ähnlichem Engagement: Brauer, Metzger, Winzer, Bäcker, Konditoren, Müller, Käser, Köche – sie alle sind Spezialisten bayerischer Esskultur. Bieten sie den Schülern einen kleinen Ausflug in ihren Arbeitsalltag an, eröffnet sich den Jugendlichen ein neues Bewusstsein für die Lebensmittelherstellung, aber auch für kulinarische Schmankerl.

In Döllner’s Backstube passt genau eine Schulklasse hinein. Bevor es jedoch an die Breze geht, erzählt der Meister von seiner Arbeit. 600 Kilogramm Mehl verbrauchen er und seine Mitarbeiter wöchentlich, um 2000 Brote, 15.000 Brötchen, 7000 Bamberger und Croissants herzustellen. Beinahe zärtlich tätschelt Döllner den Backofen. "Das ist unser Herzstück", sagt er.

Gebäck als Lebensretter

Und weil es heute um Brezen geht, erzählt er die Legende von der Erfindung dieses Gebäcks: Im Mittelalter wurde ein Bäcker zum Tode verurteilt. Er bettelte beim König um Begnadigung. Dieser überlegte und sagte: "Wenn du es schaffst, ein Gebäckstück herzustellen, durch das die Sonne dreimal scheint, erlasse ich dir dein Urteil." So erfand der Bäcker die Breze und wurde begnadigt.

Nach der kurzweiligen Geschichte schüttet Döllner Mehl, Malz und Salz in eine Rührschüssel und gibt Backhefe dazu. "Jetzt fehlt noch das Fett", erklärt er und fragt in die Runde, ob er Schweineschmalz oder Margarine nehmen soll. "Bitte Margarine", wünscht sich eine Schülerin. Während die Knetmaschine die ehemals schweißtreibende Arbeit des Bäckers übernimmt, stellen die Schüler einige Fragen. "Welche Vollkornprodukte verwenden Sie?" Markus Döllner antwortet, dass Urgetreide wie Dinkel, Emmer und Einkorn im Trend liegt.

Colin hört aufmerksam zu. Er ist sich ziemlich sicher, dass er diesen Beruf erlernen möchte. Auch deshalb, weil bereits sein Opa Bäcker gewesen war. "Wann müssen Azubis aufstehen und wie viel verdienen sie?", fragt Chantal. Obwohl das Bäckereihandwerk für Frühaufsteher geeignet ist, kann der Arbeitsbeginn individuell geregelt werden, meint Döllner. Der Verdienst - im ersten Lehrjahr 500 Euro - steigert sich von Jahr zu Jahr. "Welche Anforderungen werden gestellt?", fragt ein Schüler. "Kopfrechnen!", lautet die schnelle Antwort. Denn die Mengen, die in Rezepten angegeben sind, sollte man rasch umrechnen können.

Inzwischen ist der Teig durchgeknetet. Nach zwei weiteren Arbeitsschritten liegen auf den Tischen die länglichen Teigstücke, die zu Brezen geformt werden sollen. Manche Schüler sind völlig in die Arbeit vertieft, wie Rahim oder Noah, der daheim als Hobbykoch gerne Spaghetti Carbonara zubereitet, aber auch Pfannkuchen oder Apfelringe im Teigmantel. Dagegen sieht Francesco dem quirligen Treiben seiner Mitschüler aus einigem Abstand zu. "Ich möchte lieber Schreiner werden", begründet er seine Zurückhaltung.

Ab in den Backofen

60 Brezen sind geknotet und der Meister schiebt die Bleche in den Backofen. Während das Gebäck allmählich dicker wird und eine knusprige Farbe bekommt, macht er den Jugendlichen noch etwas Appetit auf den Beruf. "Nach der Ausbildung kann man Meister werden, Betriebswirt oder Berufsschullehrer und vieles mehr."

Wen es in die Ferne zieht: Auch in Kanada, Großbritannien oder den USA werden Bäcker gesucht. Nur sollte man dann auch im Englischunterricht gescheit aufpassen.

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