Schüler lernen im Sitzkreis

30.9.2010, 15:19 Uhr
Schüler lernen im Sitzkreis

© Distler

Das neue Schuljahr läuft zwar erst seit gut zwei Wochen, doch der 13-jährige Niklas Stember aus Hilpoltstein kann deutliche Unterschiede zu seinem bisherigen Gymnasium ausmachen: „Es ist eindeutig besser hier im Jenaplan-Gymnasium. Wir sitzen im Unterricht im Kreis, es ist locker und wir unterhalten uns.“

Die Hausaufgaben werden nachmittags erledigt — wer Hilfe braucht, kann die Betreuer fragen. Um 16 Uhr geht es nach Hause, dann ist aber alles erledigt. Der Druck sei wesentlich geringer als an seinem alten Gymnasium — und er lernt trotzdem eine Menge. Sein elfjähriger Bruder Jakob ist von der jüngsten Mathematikstunde begeistert: „Es ging nicht nur um Zahlen, sondern wir haben auch mit Poker-Chips gespielt — und ich habe gewonnen.“ Die beiden Jungen sind zwei von insgesamt 101 Gymnasiast(inn)en, mit denen die neue Schule den Betrieb aufnimmt. 13 Lehrer unterrichten in den Klassen fünf bis sieben, doch auch die Eltern bringen sich ein. 80 Mütter und Väter haben sich bereiterklärt, sich an Arbeitsgemeinschaften zu beteiligen.

Bernd Beisse, Vorstand der gemeinnützigen Genossenschaft Jenaplan-Gymnasium Nürnberg, ist begeistert: „Das ist ein unglaubliches Engagement. Jetzt geht es darum, die Schule zu entwickeln. Wir wollen etwas gemeinsam schaffen.“ In einem atemberaubenden Tempo hatte es die Initiative geschafft, eine Genehmigung durch das Kultusministerium zu bekommen. Innerhalb von nur acht Monaten wurden alle wesentlichen Weichen gestellt.

Beisse lobt die Kraft des Teams: In den zurückliegenden Monaten hätten sich alle gegenseitig unterstützt, um das Projekt Gymnasium voranzubringen. Es habe „keinen Giftstachel“ gegeben, alle Beteiligten hätten sich vorbildlich eingebracht. Schulleiter Matthias Schwaiger sieht „den Weg offen, ganz neue Dinge auszuprobieren“. Er selbst habe nach intensiven Bewerbungsgesprächen auch erst einmal um eine Denkpause gebeten: Er wollte eine Nacht drüber schlafen, ob er die neue Stelle antreten soll. Schwaiger fühlt sich durch die Gymnasiasten in seiner Zusage bestätigt: „Wir sehen, wie ergriffen die Kinder an ihren Themen arbeiten und wie sie Zeit und Raum um sich herum vergessen.“

Oberbürgermeister Ulrich Maly gratuliert zum erreichten Ziel, ein Reform-Gymnasium zu gründen. Auch freut ihn, dass Jenaplan den Mut hatte, das unendlich große Quelle-Gebäude zu beziehen. Als der Insolvenzverwalter den Quelle-Mitarbeitern vor einem Jahr erklärt hatte, dass sie mit der Firma keine Zukunft mehr haben, herrschte an diesem Ort Traurigkeit und Niedergeschlagenheit. „Schön, dass mit der Schule wieder Fröhlichkeit einzieht“, meint Maly.