Schwere Vorwürfe: Cemali D., ein Opfer von Polizeigewalt?

6.2.2014, 06:00 Uhr
Schwere Vorwürfe: Cemali D., ein Opfer von Polizeigewalt?

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Der Berufsschüler Cemali D. und sein Vater waren am Sonntagabend in Streit geraten. In dessen Verlauf rief der 18-Jährige gegen 19 Uhr die Polizei über den Notruf 110. Laut Polizeisprecher Peter Schnellinger sagte der junge Mann, er sei von seinem Vater geschlagen worden. Vor diesem Hintergrund schickte die Einsatzzentrale zwei Streifenbesatzungen zur Wohnung des Vaters.

Offenbar setzte sich der Familienstreit vor den Beamten fort. Cemali D. wollte die Wohnung verlassen und einen Laptop mitnehmen, der Vater bestand darauf, das Gerät bei sich zu behalten. Um ein weiteres Hochkochen des Konflikts um den Laptop zu verhindern, entschieden die Streifenbeamten, den Computer mit zur Inspektion zu nehmen. Der rechtmäßige Eigentümer sollte das Gerät dort zurückerhalten.

Über die folgenden Minuten gehen die Darstellungen auseinander. Laut Cemali D. gingen die Polizisten – inzwischen waren es sechs Männer und eine Frau – in seinem Schlafzimmer auf ihn los, fesselten ihn mit Handschellen und schlugen ihn dabei mehrfach. Dann hätten ihn die Beamten unter weiteren Schlägen aus der Wohnung gezogen, ihn im Treppenhaus auf den Boden gelegt und erneut zugeschlagen.

Die Streifenbeamten wiederum behaupten, Cemali D. habe bereits Gesichtsverletzungen gehabt, als sie in die Wohnung gekommen seien. Sie hätten den Eindruck gehabt, zwischen Vater und Sohn sei es vorher zu Übergriffen gekommen, so Polizeisprecher Peter Schnellinger. Nach der Aufnahme der Personalien und von gegenseitigen Strafanzeigen beider Streithähne habe man versucht, den Laptop sicherzustellen. Der 18-Jährige habe dabei „massiven Widerstand geleistet“ und habe sich „massiv gewehrt“, sagte Schnellinger auf Anfrage. Dabei seien zwei Beamte verletzt worden. Nähere Einzelheiten zu Art und Ursache dieser Verletzungen konnte er nicht nennen.

Polizei wehrt sich gegen Vorwürfe

Ein Zeuge, der nicht namentlich genannt werden möchte, berichtete der Nürnberger Zeitung, dass der gefesselte Cemali D. von drei Polizisten aus der Wohnung getragen worden sei. Im Treppenhaus habe einer der drei Beamten mehrfach mit der Faust ins Gesicht des 18-Jährigen geschlagen. Tonaufnahmen des Geschehens, die der Lokalredaktion vorliegen, lassen den Schluss zu, dass es im Treppenhaus zu einem Gerangel kam. In dessen Verlauf ist plötzlich die Stimme des 18-Jährigen mit „Mein Auge ist angeschlagen!“ zu hören, während eine andere Stimme – vermutlich die des Vaters – im Hintergrund mehrfach „Nicht schlagen!“ ruft.

Cemali D. berichtet weiter, er sei von den Polizisten anschließend vor das Wohnhaus gebracht worden. Dort habe er 15 bis 20 Minuten auf der kalten Wiese liegen müssen, bis Notarzt und Rettungswagen eingetroffen seien. Die Sanitäter brachten den jungen Mann schließlich ins Theresienkrankenhaus.

Auch dort gab der 18-Jährige an, er sei von Polizisten geschlagen worden. Der Bericht der Notaufnahme, der der Lokalredaktion vorliegt, dokumentiert ein zugeschwollenes linkes Auge und eine etwa einen Zentimeter lange Platzwunde an der linken Augenbraue. Weitere Verletzungsanzeichen wie Prellungen oder Druckschmerz über der Halswirbelsäule schließt der Bericht ebenso aus wie neurologische Auffälligkeiten. Cemali D. sagt dazu, einige der Polizisten hätten mit dem behandelnden Arzt gesprochen. Er habe Schmerzen am rechten Ellbogen sowie im Nacken gehabt. Der Arzt habe dort aber keine Verletzungen erkannt.

Die Streifenbeamten haben Anzeige wegen Widerstands gestellt. Cemali D. will nun ebenfalls Strafantrag stellen – wegen Körperverletzung im Amt. Dies wäre ein Fall für die zehn internen Ermittler, die bei der Zentralen Ermittlungsstelle Nordbayern Vorwürfe gegen Polizeibeamte eingehend untersuchen.

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