"Sex ist ein Tabuthema": So ist der Alltag als Taxifahrer

Nürnberg - Manchmal wird seine Droschke zum Stammtisch auf Rädern. Der Nürnberger Taxiunternehmer und -fahrer Matthias Glowatsch (51) über rechte Parolen, heikle Themen und den Umgang damit.

Herr Glowatsch, geht es in Ihrem Taxi manchmal wie am Stammtisch zu?

Matthias Glowatsch: Schon. Wir Taxerer sind relativ teure Chauffeure, aber billige Therapeuten. Es wird ja geredet im Wagen. Ich bilde Taxifahrer auch aus und sage ihnen immer: Wer an Laubsägearbeiten mehr Spaß hat, der ist hinterm Steuer nicht richtig. Man muss in unserem Beruf auf jeden Fall Freude am Umgang mit Menschen haben.

Aber nicht alle Menschen machen Ihnen Freude, oder?

Glowatsch: Deshalb gibt es drei Tabuthemen im Taxi. Man spricht mit Fahrgästen, die man nicht kennt, nicht über Religion, über Politik und nicht über Sex oder Intimes.

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Und das lässt sich wirklich durchhalten?

Glowatsch: Nicht immer. Aber wir üben das regelmäßig bei simulierten Taxifahrten. Die drei Tabuthemen sind übrigens gefürchtete Trinkgeldkiller. Wenn ich über Seehofer schimpfe und der Fahrgast ist ein CSU-Mann, wird er nicht sehr spendabel sein. Spricht ein Fahrgast eines der genannten Tabuthemen an, muss man versuchen, geschickt umzusteuern. Ein Beispiel: Sagt eine alte Dame, dass sie kaum Rente bekommt und die Asylanten alle in prächtigen Häusern wohnen, frage ich einfach, wo sie denn so wohnt.

Rechte Parolen sind also an der Tagesordnung?

Glowatsch: Es ist eine Minderheit, die so etwas loslässt. Und es gibt zwei Varianten. Wir haben echte Rassisten, die es immer schon gegeben hat. Da hilft nur: Ignorieren, beziehungsweise schnellstens wegkommen vom Thema. In zehn Minuten Taxifahrt ändern Sie keine politische Einstellung. Besser man spricht über Sport, Autos oder das Wetter. Eben über sehr unverfängliche Themen.

Und die zweite Variante?

Glowatsch: Ich nenne sie die Angstbürger, die oft obskuren Theorien anhängen und für sogenannte Fake News sehr empfänglich sind. Das muss durch die Informationsflut aus dem Internet kommen. Die Leute sorgen sich zum Beispiel ernsthaft, dass fremde Mächte Deutschland kaputt machen. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise hat ein Fahrgast mal behauptet, dass alle Deutschen demnächst Asylbewerber in ihren Wohnungen aufnehmen müssten. Da habe ich dann schon gesagt, dass ich das nicht glaube.

Müssen Taxifahrer auch Opportunisten sein und manche Kritik herunterschlucken?

Glowatsch: Vielleicht ein bisschen. Aber man muss den Leuten nicht nach dem Mund reden. Wir haben nun mal den Querschnitt der Bevölkerung im Wagen. Wenn zum Beispiel die Umfragewerte der AfD wieder sinken, wird es parallel dazu wieder ruhiger. Zur Zeit ist das so.

Taxi und Beichtstuhl, sind die beiden eigentlich verwandt?

Glowatsch:(lacht) Mit Beichtstühlen kenne ich mich, ehrlich gesagt, nicht so aus. Aber das Taxi ist ganz klar ein Mikrokosmos, der Fahrgast bleibt anonym und kommt ins Reden. So etwas geht sonst nur noch am Bartresen, im Gespräch mit der Bedienung.