Siemens-Mitarbeiter gehen in Nürnberg auf die Straße

9.6.2015, 17:22 Uhr
Die Beschäftigten wollen sich vor allem gegen den jüngst angekündigten Abbau weiterer 2200 Arbeitsplätze in Deutschland wehren.

© Eduard Weigert Die Beschäftigten wollen sich vor allem gegen den jüngst angekündigten Abbau weiterer 2200 Arbeitsplätze in Deutschland wehren.

Allein in Nürnberg waren es am Dienstagmorgen über 1000 Mitarbeiter, die bei einer Kundgebung der IG Metall  für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze auf die Straße gingen. Mit dem Aktionstag wollen sich die Beschäftigten vor allem gegen den jüngst angekündigten Abbau weiterer 2200 Arbeitsplätze in Deutschland wehren, mit dem Siemens gegen akute Probleme im Stromerzeugungsgeschäft vorgehen will.

Am stärksten trifft es die Standorte Mülheim in Nordrhein-Westfalen mit rund 900 Stellen und Berlin, wo 800 Arbeitsplätze zur Disposition stehen. In Nürnberg und Erlangen „werden es ein paar Hundert sein“, kündigte Bayerns IG-Metall-Bezirksleiter Jürgen Wechsler bei der  zentralen Kundgebung in Nürnberg an. Über alle Sparprogramme hinweg summieren sich die Abbaupläne inzwischen auf mehr als 13.000 Arbeitsplätze.

Wechsler, selbst einst bei Siemens beschäftigt, zitierte Konzernchef Joe Kaeser, der vor zwei Jahren angetreten war, um Ruhe ins Unternehmen zu bringen: „Sie haben damals erklärt, es sei keine unternehmerische Leistung, viele Arbeitsplätze zu vernichten — daran wollen wir Sie heute mit Nachdruck erinnern.“ Kaeser habe keine Ruhe ins Unternehmen gebracht, er sei vielmehr mit den immer neuen Sparprogrammen zum Unruhestifter geworden, kritisiert Bayerns IG-Metall-Chef.

Reinhard Hahn, der für die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat von Siemens sitzt, verwies darauf, dass das Unternehmen keineswegs gezwungen ist, Personalkosten einzusparen: „Mit jährlich fünf bis sechs Milliarden Euro Gewinn, einem Auftragspolster von gut einem Jahr und Dividendenzahlungen in den vergangenen fünf Jahren in Höhe von über zehn Milliarden Euro ist Siemens  kein Sanierungsfall.“

Doch selbst diese Zahlen würden den „Margenjägern“ der Finanzmärkte nicht reichen. „Sie üben gewaltigen Druck auf den Konzernchef aus, und der reicht diesen Druck einfach an die Arbeitnehmer weiter“, klagt Hahn und kündigt „harte Verhandlungen“ mit dem Management an, wenn es um die Ausgestaltung der Abbaupläne geht.

"Standort D stärken - Margenwahn stoppen!"

Auch im Rest des Landes kam es zu Kundgebungen. Die IG Metall, die zu dem bundesweiten Aktionstag unter dem Motto „Standort D stärken - Margenwahn stoppen!“ aufgerufen hatte, sprach am Mittag von mehr als 6000 aktiven Teilnehmern. Mehrere zehntausend Beschäftigte dürften zudem über Flugblattaktionen, Infostände und Betriebsversammlungen erreicht worden sein, sagte ein IG-Metall-Sprecher in München.

Kaeser hält die Kürzungen für unvermeidlich. Diese würden aber „überlegt und sozialverträglich“ verwirklicht, sagte der Siemens-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Hintergrund dieser „zweiten Welle“ sei die neue Situation im Stromerzeugungsgeschäft. „In Deutschland ist im Wesentlichen vor dem Hintergrund der Energiewende die Nachfrage für große Gaskraftwerke eingebrochen.

Und auch im restlichen Europa ist es so, dass durch das geringe Wachstum dieser Länder und eine höhere Energieeffizienz der Bedarf insgesamt sinkt“, sagte Kaeser. Deshalb sei der europäische und deutsche Markt für fossile, große Turbinen „nicht mehr existent“. Das Unternehmen müsse „entsprechend eingreifen“.

Dieser Artikel wurde um 17.20 Uhr aktualisiert.

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