SommerNachtFilmFestival machte erstmals im Hafen Station

25.8.2014, 10:39 Uhr
Nach der Anreise mit der Fränkischen Museumseisenbahn bot der Hafen die perfekte Kulisse für Aki Kaurismäkis Film "Le Havre". Da hatte das Wetter als Spielverderber keine Chance.

Nach der Anreise mit der Fränkischen Museumseisenbahn bot der Hafen die perfekte Kulisse für Aki Kaurismäkis Film "Le Havre". Da hatte das Wetter als Spielverderber keine Chance.

Maggie und Dieter haben Decken, Regenzeug, heißen Tee und Wein eingepackt – quasi das Survival-Package für einen Open-Air-Kinoabend im angeblichen Sommermonat August. Es ist kalt, der Regen tröpfelt beständig. Doch erst einmal sitzen alle trocken und warm im Nostalgiezug der Fränkischen Museumseisenbahn, längst regelmäßig bei dem vom Verein Mobiles Kino veranstalteten Festival im Einsatz. Die Polstersitze aus den 50er Jahren sind zwar recht ausgeleiert, aber allemal gemütlicher als jede Hartschalen-Garnitur im neuesten ICE-Modell.

Besonders stolz ist Zugbegleiter Günter Bald, der die Uniform eines Reichsbahn-Obersekretärs trägt, auf den 1. Klasse-Hapag-Lloyd-Waggon, Jahrgang 1930, für den hier natürlich kein Aufschlag bezahlt werden muss. Ein rares Exemplar, gerade fünf davon gibt es noch in Deutschland.

In den Kanal plumpsen

Vor der Ankunft am Kai 1 des Hafens gibt Bald exakte Sicherheitsanweisungen, die prompt Applaus ernten. Weil, wer links aussteigen wollte, gleich in den Kanal plumpsen würde, sind die Türen auf dieser Seite verschlossen. Rechts werden, da auf dem Güterverladeplatz kein Bahnsteig existiert, kleine Treppchen außen vor die Türen gestellt, damit ja keiner stolpert und sich die Beine bricht. Angesichts der tollen Kulisse, die den Blick zwangsläufig nach oben zieht, hinauf zu den mächtigen Kränen, unter denen der Zug Halt gemacht hat, ist Obacht doppelt geboten. Mancher wirft auch einen fast neidischen Blick auf das Viking-Flusskreuzfahrtschiff, in dem hinter den Fensterscheiben gerade lecker getafelt wird.

Doch wer wählen könnte, würde jetzt ernsthaft kaum noch tauschen. Die Hafenmitarbeiter und die Container Depot Nürnberg GmbH, auf deren Platz die Vorführung stattfindet, haben für den erstmaligen Empfang der Cineasten eigens eine Containerwand aufgestellt. „China Shipping“ steht auf dem Container über der Leinwand, Evergreen (Name eines japanischen Spediteurs) auf dem darunter. So macht man auch Werbung für die Internationalität des Hafens und erweist zugleich den Kinomachern seine Reverenz. Günther Wittmann vom Mobilen Kino ist begeistert über die mit soviel Sorgfalt postierte Leinwand-Wand. Dass das Wetter „eher finnisch“ sei, witzelt er bei der Begrüßung, passe ja zum finnischen Regisseur des Films.

Tolle Kulissen

Doch weil der Regen rechtzeitig aufhört und alle warm eingepackt sind, denkt bald keiner mehr ans Wetter, sondern folgt gebannt dem Film - eine hinreißende, mit viel Liebe zum 50er-Jahre-Dekor inszenierte Tragikomödie über die Solidarität der kleinen Leute. Erzählt wird die Geschichte eines ehemaligen Schriftstellers, der nun als Schutzputzer in der französischen Hafenstadt Le Havre lebt und mit seinem bescheidenen Dasein ganz zufrieden ist, bis ihm eines Tages ein Flüchtlingsjunge aus Afrika über den Weg läuft.

Manchmal wirkt die Hafenszenerie wie die Fortsetzung der Kinobilder. Und am Ende sind alle begeistert, auch Hafenchef Harald Leupold, der eigens seinen Urlaub unterbrochen hat und mit Ehefrau und ein paar Freunden zum Kinogucken an seinen Arbeitsplatz gekommen ist. Richtig glücklich sieht Leupold hinterher aus. „Wir haben hier noch so viele tolle Kulissen, ihr könnt jederzeit wiederkommen“, meint er freudestrahlend zu den Veranstaltern.

Selbst eingefleischten Cineasten dürfte es jedoch nicht so leicht fallen, einen weiteren Film zu finden, der Nostalgie (ergo Fränkische Museumseisenbahn) plus Hafenambiente so genial verbindet wie Aki Kaurismäkis wunderbares Kinomärchen.

Keine Kommentare