SPD-Expertenrunde: Das Problem mit Hasskommentaren

4.2.2017, 05:58 Uhr
SPD-Expertenrunde: Das Problem mit Hasskommentaren

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Stillhalten, aus Angst vor möglichen Gegenreaktionen? Oder sich mit Argumenten widersetzen? Die SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich diskutierte darüber kürzlich mit Dana Fuchs, Referentin für politische Bildung beim Verein "Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland", im Haus Eckstein. Die Veranstaltung war Teil der Gesprächsreihe "neu-N" der Nürnberger SPD-Stadtratsfraktion.

Wichtiger Schritt: Vergehen ahndbar machen

Als Mitglied im "Nationalen Kampagnen Komitee", das sich gegen "Hate Speech" – also Hassreden – in Deutschland einsetzt, ist der Umgang mit Hasskommentaren und Hetze im Netz Alltag für die SPD-Politikerin Heinrich. Die aktuelle Diskussion in Deutschland über schärfere Gesetze verfolgt sie zwiegespalten: "Natürlich ist es ein Dilemma, dass vieles, was sich unerträglich liest, leider erlaubt ist, weil es juristisch nicht gegen Tatbestände wie Volksverhetzung, Beleidigung oder Nötigung verstößt."

Dennoch wäre es ein erster und wichtiger Schritt, wenn bereits ahndbare Vergehen konsequenter verfolgt würden als in der Vergangenheit und sich Internetkonzerne an bestehende Gesetze halten würden. Zugleich warb sie für mehr Aufklärung, eine stärkere Medienkompetenz und ein "freundliches, aber lautes Dagegenhalten".

Die Erfolgsformel ist einfach

Diesen Appell unterstrich Dana Fuchs, die verdeutlichte, welcher politischen Couleur Hass und Hetze im Internet und in den sozialen Netzwerken in erster Linie sind: "Die rechte Szene und Rechtspopulisten nutzen dieses Instrument nicht nur zur Einschüchterung und Bedrohung, sondern auch, um geschickt Themen zu setzen und Diskussionen zu steuern." Die Erfolgsformel sei einfach: "Wer in Kommentaren Hassbotschaften und Hetze von sich gibt, erhält die meisten ‚Gefällt mir‘-Angaben. Diese Seiten werden am häufigsten angezeigt und dies kann wiederum den eigenen Hass legitimieren und antreiben."

Haben sich die Bilder erst mal im Kopf verfestigt, und sind sie auch noch so falsch, ist es schwierig, diese wieder richtigzustellen. Deshalb lautet ihr Rat: "Statt nur zu verneinen, besser selbst mit eigenen Standpunkten dagegenhalten und Bilder in den Köpfen erzeugen."

Zudem appellierte Dana Fuchs daran, von Hasskommentaren Betroffene nicht alleine zu lassen. Neben möglichen psychischen Verletzungen dürfe man zudem eines nie vergessen: "Hass und Hetze, entstanden in der Online-Welt, wird immer wieder auch in die reale Welt übertragen."

Unsicherheit im Netz ist groß

Die Pegida-Bewegung, hervorgegangen aus den sozialen Netzwerken, und zeitweise omnipräsent auf den Straßen und Marktplätzen, sei nur ein Beispiel dafür. Deshalb sei es dringend nötig, weiterhin die Diskussion zu suchen, auch mit Verfassern solcher Hetzbotschaften und Hasskommentare, so Gabriela Heinrich: "Wir dürfen es denen, die den größten Nutzen daraus ziehen, nicht zu einfach machen und müssen uns Zeit nehmen für ernsthafte Gespräche, auch mit solchen, die wir im ersten Moment vielleicht direkt in eine bestimmte Ecke stellen würden." Bestärkt werde die SPD-Politikerin darin auch durch die Erfahrung, hin und wieder sogar eine Entschuldigung von jemandem zu erhalten, der sie zuvor noch übel beschimpft habe.

Jenseits von konsequentem Handeln auf politischer und gesetzgeberischer Ebene hatten die beiden Expertinnen auf dem Podium vor allem einen Wunsch: Statt in eine Stimmungslage zu geraten, die das Gefühl vermittle, die Hetzer und Hasser seien in der Mehrheit, dürfe keine Möglichkeit ungenutzt bleiben, um zu unterstreichen, dass sich die Mehrheit vernünftig äußere. Und sehr wohl wisse, wo Meinungsfreiheit ende, Beleidigung und Schlimmeres beginne.

Was also tun gegen Hass und Hetze im Internet? Am Ende des Gesprächsabends war klar: Die Unsicherheit über den Umgang mit Hass und Hetze im Netz ist groß. Denn vor allem die Finanzierung des teilweise kampagnenartigen Auftretens ist nach wie vor weitgehend unbeleuchtet. Und: Neben dem Wirken der Behörden ist vor allem auch die Gesellschaft gefordert, denn das Internet ist inzwischen ein wichtiger Teil von ihr.

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