Spielhallen-Flut: Freistaat durchkreuzt Nürnbergs Pläne

7.4.2017, 05:57 Uhr
Spielhallen-Flut: Freistaat durchkreuzt Nürnbergs Pläne

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"Nürnberg ist die Stadt in Bayern mit der größten Spielhallendichte", rief Robert Pollack vom Ordnungsamt den Stadträten in Erinnerung. In Vierteln wie in der Südstadt, am Plärrer und in der Fürther Straße ist das unübersehbar. Noch bis Juni genießen alle Hallen Bestandsschutz, künftig benötigen sie eine neue glücksspielrechtliche Erlaubnis – über die Bau- und Gewerbepapiere hinaus.


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Zum einen soll die Größe der Betriebe begrenzt, zum anderen ein Mindestabstand von einem zum nächsten von 250 Metern eingeführt werden. Für die eigentlich strengen Vorgaben soll es nun aber so leicht Ausnahmegenehmigungen und Befreiungen als "Härtefall" geben, dass die ursprünglich angestrebte Ausdünnung unerreichbar scheint. In Nürnberg werden wohl nur die beiden größten Spielhallen mit derzeit 58 und 68 Automaten auf jeweils 48 Geräte abspecken müssen.

"Leider", so Pollack weiter, "ist das Ministerium nicht einmal ansatzweise auf die Argumente der großen Städte eingegangen, die sich massiv gegen die sogenannten Vollzugshinweise gewehrt hatten." "Wir erleben nichts anderes als einen Schildbürgerstreich", wettert Stadträtin Katja Strohhacker im Namen der SPD-Fraktion. "Was da passiert, ist tragisch und empörend zugleich." Wieder einmal müssten die Städte ausbaden, was die Staatsregierung anrichte oder versäume.

Spieler sollen sich selbst sperren

Als besonders haarsträubend prangert die stellvertretende Fraktionsvorsitzende den Umstand an, dass Spielhallen eine Schließung auch dadurch verhindern können, dass sie Spielern die Möglichkeit einer Selbstsperre einräumen und damit - angeblich - die Gefährlichkeit reduzieren. "Aber welcher an Spielsucht erkrankte Mensch wird das freiwillig tun?" Leider sei zu befürchten, meint ihr Fraktionskollege Gerald Raschke, dass die Automatenindustrie nun sogar neue Anträge auf weitere Spielhallen stellen werde.

Damit wird die Vergnügungsstättenverordnung auf eine harte Probe gestellt, mit der sich in den vergangenen Jahren wenigstens eine weitere Zunahme verhindern ließ. Auch Grünen-Stadträtin Britta Walthelm wirft dem Haus von Innenminister Joachim Herrmann vor, mit den Ausführungsbestimmungen den Willen vieler Bürgerinnen und Bürger zu ignorieren, denen die Flut von Daddelbuden ein Dorn im Auge ist.

Die CSU-Stadträte bringt das Problem hingegen offenkundig in ziemliche Verlegenheit: Für die Spielhallen wollten sie keine Lanze brechen, das wäre auch unter ihren Wählern wenig populär. "Ihre" Staatsregierung offen zu kritisieren, wagten sie aber auch nicht.

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