Stadtgespräch: Der Verkehr erhitzt in Nürnberg die Gemüter

8.7.2013, 19:40 Uhr
Stadtgespräch: Der Verkehr erhitzt in Nürnberg die Gemüter

© Archivfoto: Michael Matejka

Zum Nürnberger Stadtgespräch über die "Verkehrspolitik in Nürnberg" strömten am Montag trotz idealem Biergartenwetter die Bürger in das Caritas-Pirckheimer-Haus in der Königsstraße. Gleich zu Beginn sah sich Moderator Jo Seuß dem Vorwurf ausgesetzt, die Bürgerinitiativen gegen die Nordostanbindung des Flughafens und gegen den Frankenschnellweg nicht auf das Podium geladen zu haben.

Die Zusicherung, dass im Laufe des Abends jeder zu Wort kommen werde, beruhigte die Gemüter zunächst wieder ein bisschen.

Diese großen Themen sollen am Abend angesprochen werden:

Frankenschnellweg:

Krasse Geldverschwendung oder der langersehnte Meilenstein? Das ist die Frage beim geplanten Ausbau der A73, der nach aktuellen Berechnungen 450 Millionen Euro kosten würde, wovon der Freistaat Bayern maximal 395 Millionen übernehmen wird. Über 40 Jahre hat allen voran die CSU auf den kreuzungsfreien Ausbau der "Stadtautobahn" gedrängt. In der Ära von OB Ulrich Maly freundete sich auch die SPD zunehmend mit einer Ausbau-Lösung an, um die tagtäglichen Staus im Bereich von Südstadt, An den Rampen und Westring zu beseitigen.

Nach dem Eckpunkte-Papier von SPD und CSU anno 2008 sollte der Frankenschnellweg „mit dem maximal erreich- und finanzierbaren Lärmschutz mindestens bis zur Otto-Brenner-Brücke“ ausgebaut werden. Nach einem langen Planungsprozess (mit viel Bürgerbeteiligung) wird in Kürze der Planfeststellungsbeschluss ausgelegt. Planmäßig soll 2015 der Start für die auf zwei Bauabschnitte angelegten Arbeiten erfolgen — der Widerstand der Gegner könnte aber zu Rechtsstreitigkeiten und unkalkulierbaren Verzögerungen führen.

Über 40 Jahre hat allen voran die CSU auf den kreuzungsfreien Ausbau der „Stadtautobahn“ gedrängt.

Über 40 Jahre hat allen voran die CSU auf den kreuzungsfreien Ausbau der „Stadtautobahn“ gedrängt. © Stadt Nürnberg/SÖR

Neue Flughafen-Anbindung:

Seit Anfang der 90er Jahre gab es immer wieder neue Untersuchungen für eine weitere Erschließungsstraße zum Airport.

Seit Anfang der 90er Jahre gab es immer wieder neue Untersuchungen für eine weitere Erschließungsstraße zum Airport.

Seit Anfang der 90er Jahre gab es immer wieder neue Untersuchungen für eine weitere Erschließungsstraße zum Airport. Zwei quasi fertig geplante Trassen liegen inzwischen auf Eis. Zum einen die „Ostspange“, die das konservative Rathausbündnis gegen den erbitterten Widerstand eines breiten Bündnisses durchsetzen wollte. Nach der Kommunalwahl 2002 landete das Projekt in der Schublade. Danach wurde eine Nordanbindung mit Untertunnelung des Rollfelds verfolgt, die als Bundesstraße einen direkten Autobahnanschluss bringen sollte, der mit staatlichen Geldern finanziert wird.

Vor allem in Buchenbühl und bei Umweltschützern ist das Vorhaben auf massive Proteste gestoßen. Die

Realisierung gilt inzwischen aber als sehr fraglich, weil das Großprojekt, das mit 60 Millionen Euro veranschlagt wurde, ein Riesenproblem hat: Zuerst muss ein Verfahren entwickelt werden, das gravierende Grundwasserverunreinigungen durch Löschmittel verhindert. Als Alternative ist nun seit kurzem mal wieder eine Westanbindung von der Erlanger Straße im Gespräch. Sie könnte zugleich der Ersatz für die vom Flughafenausbau bedrohte Irrhainstraße sein.

Öffentlicher Nahverkehr:

Gut sieben Jahre hat der Prozess für den Nahverkehrsentwicklungsplan 2025+ gedauert, durch den die Perspektiven für neue Schienen-Strecken umfassend ausgelotet wurden. Konkrete Perspektiven gibt es für den Weiterbau der Linie 4 von Thon bis Buch/Am Wegfeld, der U3-Ausbau Richtung Tiefes Feld und Gebersdorf ist anvisiert. Neue Trassen nach Kornburg, Eibach, Fischbach und zur Brunecker Straße sind auch denkbar, wobei noch viel Zukunftsmusik mitschwingt. Für die meisten Emotionen sorgt die Idee der Renaissance einer Altstadt-Straßenbahnlinie. Hier gilt sogar ein Bürgerentscheid als denkbar, allerdings erst nach der Kommunalwahl 2014.

Radverkehr:

Radfahrer haben es in Nürnberg nicht immer leicht.

Radfahrer haben es in Nürnberg nicht immer leicht.

Mit der Kampagne „Nürnberg steigt auf“ begann im Mai 2010 der Versuch, das Radeln attraktiver zu machen und mehr Leute zum Umsteigen zu bewegen. Von elf auf

20 Prozent soll der Anteil am Gesamtverkehr bis 2015 steigen. Doch trotz des Prädikats „Fahrradfreundliche Stadt“ im Frühjahr 2013 gibt es noch viele Kritikpunkte. Vor allem eklatante Lücken im Radwegenetz gelten als Knackpunkt. Der heftige Streit um mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger in einem Teilstück der Fürther Straße auf Kosten des Autoverkehrs hat gezeigt: Bei der Frage der richtigen Verteilung des öffentlichen Straßenraums stehen noch heftige Kämpfe bevor — nicht zuletzt am Hauptmarkt.

Flüsterasphalt:

Nicht nur Abgase, sondern auch der Lärm des Straßenverkehrs sorgen entlang vieler Hauptstraßen für Proteste. Viele Kommunen greifen deshalb schon länger zu einem „lärmoptimierten Belag“. Dieser Flüsterasphalt ist in Nürnberg im vergangenen Herbst erstmals in der Südstadt getestet worden. Ob schon die richtige Mischung gefunden wurde, steht noch nicht fest. Forderungen nach mehr Ruhe gibt es aber in vielen Stadtteilen.

Tempo 30:

Bundesweit wegweisend war Nürnbergs Vorstoß, vor den Schulen Tempo-30-Zonen auszuweisen.

Bundesweit wegweisend war Nürnbergs Vorstoß, vor den Schulen Tempo-30-Zonen auszuweisen. © Stefan Hippel

Bundesweit wegweisend war Nürnbergs Vorstoß, vor den Schulen Tempo-30-Zonen auszuweisen. Die Gesetzeslage sorgt derweil immer wieder für Probleme und Rückschläge beim Versuch, Raser auszubremsen.

„Einmischen erwünscht“ lautet das Motto beim Stadtgespräch zur „Verkehrspolitik in Nürnberg“, das am Montag, 8.Juli, um 19 Uhr im großen Saal des Caritas-Pirckheimer-Hauses, Königstraße 64, stattfindet. Mit dabei sind neben Frank Jülich (Leiter des Verkehrsplanungsamtes) und Ronald Höfler (Werkleiter Sör) sowie mehrere Vertreter von Bürgervereinen.

Am Freitag diskutierten Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly und Baden-Württembergs Minister Winfried Kretschmann bereits über das Thema "Demokratie 2.0".

An allen Diskussionen können Sie sich beteiligen - entweder direkt vor Ort via Saalmikrofon (der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei) oder online: User der sozialen Netzwerke können über die Fanseiten der Nürnberger Nachrichten auf Facebook oder Google+ oder via Twitter mittels des Hashtags #stadtgespraech13 in die Gespräche einsteigen. Die Fragen und Anregungen der Online-Nutzer werden im Laufe des Abends in die Diskussion miteinfließen.

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