"Stadtgespräch": Kostenlose Schwimmkurse für Flüchtlinge?

13.7.2016, 08:01 Uhr

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Es ist eine Holzbar, ein paar Tische lassen sich anstellen, noch ein paar Stühle dazu und fertig ist die mobile Küche. Meist ist das Konzept des Projekts Refukitchen in Langwasser im Einsatz – beim Sommerfest des Gemeinschaftshauses, beim Kochen vor einer Flüchtlingsunterkunft und bei den Stadt(ver)führungen. Die Idee: Flüchtlinge brutzeln mit Einheimischen, man kommt dabei ins Gespräch und lernt sich kennen.

"Das ist eine kleinteilige Geschichte, aber eine wichtige", sagt Jürgen Markwirth, Leiter des Amtes für Kultur und Freizeit. "Denn es geht um die Begegnung." Dadurch, ist er überzeugt, werden Vorurteile abgebaut, kommen sich Menschen näher und dann klappt es auch mit dem Zusammenleben.

Wohnung, Schule, Arbeit

Wie all dies zu bewerkstelligen ist, darum dreht es sich beim Nürnberger Stadtgespräch, das vom Bildungszentrum der Stadt, dem Caritas-Pirckheimer-Haus und den Nürnberger Nachrichten organisiert wird: Wie lassen sich Flüchtlinge in die Nürnberger Stadtgesellschaft integrieren?

Wenn sie eine Wohnung haben, die Kinder eine Regelschule besuchen und die Eltern arbeiten, seien Asylbewerber in Deutschland wirklich angekommen, sagt Dieter Maly, Leiter des Nürnberger Sozialamtes. "Ganz einfach und doch sehr, sehr schwierig." Besonders das Thema Wohnungen sei ein diffiziles. Noch leben 7000 Flüchtlinge in Asyl-Unterkünften, "das kann kein Dauerzustand sein, gleichzeitig sind sie aber auch nicht schnell mit Wohnungen zu versorgen".

Man improvisiere inzwischen ein wenig, versuche etwa, vorhandene Unterkünfte in Mietwohnungen umzuwandeln. Das sei aber, erklärt Maly freimütig, ein mühsames Geschäft: Die Betreiber müssten erst einmal überredet werden, dieser Umwandlung zuzustimmen — dabei sei sie nicht so lukrativ. Zusätzlich habe die Stadt zehn Baugebiete identifiziert. Allerdings, auch das ist Maly wichtig, dürfe nicht nur Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen werden – man müsse immer auch an den ärmeren Teil der Bevölkerung denken.

"Der Blickwinkel wird manchmal zu sehr auf Flüchtlinge gelegt", glaubt auch Anke Günzel, die im Jugendmigrationsdienst der Arbeiterwohlfahrt in Nürnberg mit Asylbewerbern arbeitet. Ein Beispiel: Schwimmkurse wurden – besonders nachdem es im vergangenen Sommer viele Badeunfälle gegeben hatte – für Flüchtlinge als kostenlos beworben. "Dadurch wird Sozialneid geweckt", glaubt Günzel. Die Lösung?Es brauche freie Schwimmkurse für alle – Flüchtlinge und den ärmeren Teil der Bevölkerung. Da schüttelt Dieter Maly den Kopf, das bietet die Stadt dann doch nicht – auch wenn Kinder aus sozial schwachen Familien mit dem Nürnberg-Pass manche Vergünstigungen bekommen.

Es gehe in der Integrationsdebatte immer um eine Frage, sagt Jürgen Markwirth: "Wie wollen wir tatsächlich leben?"

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Die Flüchtlinge seien ein Teil des Bildes, letztlich gehe es aber um die gesamte Gesellschaft. "Wir sollten nicht in eine Flüchtlings-Panikdebatte verfallen. Das ist nicht nötig."

Dennoch, an einigen Punkten hakt es auf dem Weg zu einer gelungenen Integration schon. Vieles lässt sich nicht von der Kommune beeinflussen, sondern ist Bundes- oder Landesrecht. Hinzu kommen strukturelle Defizite: Er würde sich mehr Unterstützung bei der Berufsfindung von Flüchtlingen wünschen, sagt Dieter Maly. "Denn wenn es mit der Arbeit klappt, dann klappt auch vieles andere." Auch beim Sprachunterricht sieht er Verbesserungsbedarf. "Das mit den Deutschkursen ist ein ziemlicher Verhau, da würde ich mich als Flüchtling nicht zurechtfinden."

Lehrer wollen mehr Hilfe

Apropos Bildung: Gerne hätte man eine Lehrkraft auf dem Podium begrüßt, sagt Moderator Wolfgang Heilig-Achneck von der Lokalreaktion der Nürnberger Nachrichten. Doch leider habe sich keine gefunden. Dafür melden sich bei der Diskussion zwei Pädagoginnen, die im Publikum sitzen.

Es existierten zu wenig Informationen für Lehrer, die Flüchtlinge unterrichteten, sagt eine. Außerdem sei die Ausstattung der Klassen nicht ausreichend. Die finanzielle Unterstützung sei mangelhaft, ergänzt die andere. Dieter Maly ist da anderer Meinung. "Am Geld liegt es nicht. Eher an fehlenden Konzepten und Strukturen."

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