Städtischer Mitarbeiter lässt Leute nicht auf Toilette

27.8.2014, 12:00 Uhr
Städtischer Mitarbeiter lässt Leute nicht auf Toilette

© Matejka

Es ist nichts zu machen. Der Mann mit dem Wischer in der Hand baut sich im Türrahmen auf. Er schüttelt den Kopf und versperrt den Zugang zur Toilette. „Irgendwann muss ich einen Schnitt machen“, sagt er und blickt in verständnislose Gesichter.

Es ist ein Sonntag, 17.53 Uhr. Um 18 Uhr muss das WC-Haus im Volkspark Marienberg geschlossen werden, behauptet er. Auch wenn bei strahlendem Wetter in Nürnbergs größter Grünanlage noch einiges los ist: Menschen gehen spazieren, Kinder toben auf dem Spielplatz gegenüber, während die Eltern zuschauen.

Eine Frau zeigt dem Sör-Mitarbeiter ihren Schwerbehindertenausweis. „Wohin sollen die Leute denn gehen, wenn sie mal müssen?“, fragt sie die Servicekraft. Die lässt sich nicht beeindrucken. „Ich mach das hier seit über 25 Jahren — lass ich einen rein, wollen andere auch rein.“ Mit seinem Wischer fährt er ein letztes Mal über den Boden der Frauentoilette und erklärt, dass er noch elf weitere WC-Anlagen reinigen und schließen müsse.

Je länger die Frau darauf beharrt, ihre Notdurft in diesem WC verrichten zu wollen, desto mehr Menschen werden auf die Szene aufmerksam. „Ja, aber soll ich denn an die Bäume pinkeln? Dann riskiere ich aber ein Bußgeld von der Stadt, weil das verboten ist“, platzt ein Mann dazwischen. Angesichts des wachsenden Protestes gibt der Service-Mann doch nach — und macht den Weg für die Frau frei.

In der Chefetage bei Sör stößt das Verhalten des Mitarbeiters auf Unverständnis. Werkleiter Marco Daume: „Normalerweise ist die Toilette im Marienberg-Park die letzte auf der Tour und wird gegen 21.30 Uhr geschlossen.“ Dass es anders kam, könne er sich nicht erklären. An Samstagen, Sonn- und Feiertagen allerdings sei nur einer der sieben zuständigen Mitarbeiter im Einsatz.

Beschädigungen verhindern

Zu ihrer Aufgabe gehört jedoch noch mehr, als lediglich die insgesamt 15 Toilettenanlagen in der Stadt zu reinigen und abzuschließen. Sie beseitigen auch tote Tiere auf Fahrbahnen und entfernen Rückstände nach Verkehrsunfällen. Häufig wird Daume gefragt, warum die WC-Anlagen nicht 24 Stunden lang offen bleiben können. Antwort: Obwohl viele „stille Orte“ mittlerweile vandalismussicher ausgestattet sind (Becken aus Metall), muss in der Nacht dennoch mit Beschädigungen gerechnet werden. Dieses Risiko wolle Sör kleinhalten. Marco Daume: „Pro Jahr geben wir rund eine Million Euro für Unterhaltskosten aus. Davon gehen 150.000 Euro in Reparaturen, weil Toilettenanlagen mutwillig beschädigt wurden.“ Vor vier Jahren hat die Stadt zusätzlich automatische Toiletten installieren lassen: am Friedrich-Ebert-Platz, am Vestnertor und an der Beuthener Straße. Jeder Gang auf die Toilette kostet den Nutzer 50 Cent — ein Geschäft ist für die Stadt damit aber nicht zu machen.

Im Schnitt, so Daume, zahlt die Stadt trotz Gebühr für jeden Gang auf so einen Abort 13 bis 16 Euro drauf. Denn der Hersteller bekommt pro Toilette eine Monatsmiete von bis zu 1400 Euro. Hinzu kommen Kosten für Reinigung, Wartung und Wasser. Der Kritik, es gebe zu wenig öffentliche Toiletten, stellt Daume die Frage nach der Wirtschaftlichkeit gegenüber — je mehr Klos, desto tiefer muss die öffentliche Hand ins Säckel greifen.

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