Starker Paarlauf zweier „Vollblutmaler“

26.11.2014, 12:22 Uhr
Starker Paarlauf zweier „Vollblutmaler“

Zwei „Vollblutmaler“ treffen da aufeinander, die sich seit langem kennen und schätzen, die beide 1958 geboren wurden, an der hiesigen Kunstakademie studierten, die beide einen starken Bezug zur fernöstlichen Spiritualität haben und die konsequent ihren eigenen Weg gegangen sind. Die Nürnbergerin Gabriela Dauerer, die 2003 auch zur Biennale in Venedig eingeladen wurde, ist vor allem mit ihren Allover-Paintings bekannt geworden – Bilder, die pur aus Farbe, Muster und Textur bestehen, in denen Chaos und Ordnung sich zu einem flirrenden Ganzen verbinden und dem Betrachter Projektionsflächen für seine eigenen Bildwelten eröffnen.

Der Fürther Hjalmar Leander Weiß ist nach seiner jahrelang verfolgten Serie der Sedimentwerke – archaisch anmutende Farbobjekte, deren nur aus Pigment-Pulver bestehende Oberfläche die Leinwand wie eine metallisch-spröde Patina bedeckt – 2014 zur gestischen Malerei zurückgekehrt. Seine neuen Arbeiten, die alle den Titel „Engel“ tragen und so kraftvoll wie überbordend dynamisch wirken, gehen im Hauptraum der Kreis Galerie eine frappierend stimmige Verbindung mit Dauerers Werken ein. Alternierend gehängt, wirken Weiß’ Bilder jeweils wie ein extrem vergrößerter Ausschnitt aus Dauerers Gemälden. Als würden die darin tausendfach wiederholten, zum irrlichternden Wimmelbild sich verdichtenden Strukturen ins Großformat herangezoomt.

Auch farblich korrespondieren die Werke aufs Schönste. Rot ist fast immer dabei, bei Weiß wird es bis ins grelle Pink und Violett ausgereizt und mit Komplementärfarben kontrastiert. Bei Dauerer fließen die Farben dagegen weich ineinander. Während ihre auf der vor Jahren gefundenen Form des Kleiderbügels basierenden Gemälde gänzlich undurchdringlich scheinen, sind die Bilder aus anderen Werkphasen leichter, luftiger, lassen an Himmel denken oder an spiegelnde Wasserflächen, vor denen sich schemenhaft noch Figürliches abzeichnet.

Eine Etage tiefer kann man nachvollziehen, wie Dauerer, die einst mit gegenständlicher Malerei anfing, ihren Weg in die Abstraktion beständig weiter gegangen ist. Ihre urspünglichen Themen – Masse und Individualität – klingen dabei immer noch an, doch will sie in einer bilderüberfluteten Welt vor allem zum konzentrierten Schauen einladen.

Weiß hingegen zeigt im Untergeschoss noch einmal eine ganz andere Facette seines aktuellen Schaffens. „Heldenbilder“, die tatsächlich Bilder des Scheiterns sind. Sie zeigen mit Blattgold unterlegte Siebdrucke zumeist historischer Fotografien, die von Untergang künden: ein Schiffswrack, das im Packeis feststeckt, die brennende Nürnberger Synagoge, die Zeppelintribüne. Der Nimbus des Heldentums und politischer Gewaltsysteme – hier wird sein Glanz buchstäblich brüchig.

„Reisen: Schwarz Rot Gold“ haben Weiß und Dauerer ihre Ausstellung genannt. Der Titel spielt zwar ironisch auf die Farben der deutschen Flagge an, doch wollen die beiden Künstler damit vor allem auf die Autonomie der Farben – und damit letztlich der Kunst – verweisen.

Kreis Galerie, Kartäusergasse 14; bis 20. Dezember, Mi. 16–20, Do./Fr. 14–18, Sa. 11–15 Uhr. Am Freitag um 20 Uhr spielt die Rey Volcano Live Band.

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