"Stasi 2.0": Wieder Protest gegen Polizeigesetz in Nürnberg

20.4.2018, 20:16 Uhr
Sie machten ihrem Ärger Luft: Mit Transparenten gingen die rund 4500 Menschen auf die Straßen Nürnbergs.

© Günter Distler Sie machten ihrem Ärger Luft: Mit Transparenten gingen die rund 4500 Menschen auf die Straßen Nürnbergs.

So voll ist er wohl nur sehr selten, der Aufseßplatz. Im Schatten des leerstehenden, ehemaligen Kaufhof-Warenhauses sammeln sie sich. Es werden mehr und mehr. "Sogar über 50 FCN-Ultras sind eingetroffen", sagt Polizeieinsatzleiter Andreas Belger. Auffällig ist an diesem Abend die Unauffälligkeit der Bereitschaftspolizisten und der Kräfte des Unterstützungskommandos (USK). Mit dem Inhalt der Demo, also dem Widerstand gegen das neue Polizeiaufgabengesetz, habe das aber nichts zu tun, so der Einsatzleiter.

Die Bühne befindet sich auf einem Kleinlastwagen, nach und nach treten die 13 Rednerinnen und Redner ans Mikrofon. So Jule Ziegler von Grüne Jugend. Sie spricht von einer "Pseudosicherheit", die maßgeblich "Heimathorst" (Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer, CSU) durch das Gesetz geschaffen habe. "Ich sag euch was: Solche Gesetze gibt es in Autokratien und Diktaturen. Wo bleibt da die Sicherheit vor staatlicher Wilkür", brüllt sie, die Menge johlt, pfeift und klatscht.

"Freiheit stirbt mit Sicherheit!" steht auf einem Transparent, das ein Teilnehmer hoch hält. Es sind vor allem diese Dinge, die den Menschen hier aufstoßen, sobald das Gesetz in Kraft tritt: Die Polizei soll Computer- und Cloud-Daten auslesen dürfen, bei Bedarf auch verändern und sogar löschen; Gesichtserkennung durch Videoaufzeichnungen auf Demos ist möglich; sie darf Telekommunikation verhindern und abbrechen sowie Post beschlagnahmen; und: Vorbeugegewahrsam — Menschen festhalten, obwohl sie keine Straftaten begangen haben — von zwei Wochen auf drei Monate verlängern und mehr.

Auch SPD-Landtagsabgeordneter Stefan Schuster schwingt sich auf die Bühne. Für ihn ist klar: "Das Gesetz geht bis an den Rand der Verfassung und darüber hinaus. Es darf nicht in Kraft treten."

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