Strammer Gegenwind für die Ortsumgehung von Stein

10.4.2016, 16:00 Uhr
Vor kurzem erst hat sich  Landwirtschaftsminister Christian Schmidt aus Fürth beim Ortstermin mit Bürgermeister Kurt Krömer und seinen Stellvertretern über das Umgehungsprojekt informiert.

© Winckler Vor kurzem erst hat sich Landwirtschaftsminister Christian Schmidt aus Fürth beim Ortstermin mit Bürgermeister Kurt Krömer und seinen Stellvertretern über das Umgehungsprojekt informiert.

„Beerdigen!“, „Pfui!“, „Scheiße!“ — als der Fürther SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Träger auf die geplante Ortsumgehung Stein/Eibach zu sprechen kam, ertönten im Karl-Bröger-Zentrum stellenweise vulgäre Zwischenrufe aus dem Publikum.
Der neue Bundesverkehrswegeplan (BVWP) stieß auch bei der von der SPD-Bundestagsfraktion veranstalteten Diskussion mit 150 Gästen nicht nur auf Gegenliebe.

Der 264 Milliarden Euro schwere BVWP legt für Straße, Schiene und Wasser fest, wo der Bund in den nächsten 15 Jahren Investitionsbedarf sieht. Eines ist laut SPD-Bundestagsabgeordnetem Martin Burkert, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur, klar: Güter- wie Personenverkehr werden stark zunehmen.

Angespannte Lage

Bereits jetzt ist die Situation an der Steiner Hauptstraße äußerst angespannt. Zwischen 30 000 und 40 000 Fahrzeuge befahren pro Werktag die Ortsdurchfahrt. Der BVWP sieht zur Entlastung eine Verbindung der B 14 bei Stein-Oberweihersbuch mit dem Nürnberger Hafen vor. Ein knapp zwei Kilometer langer Tunnel soll das Rednitztal und die Siedlungen Reichelsdorf, Koppenhof und Lohhof unterlaufen.

Im BVWP hat der Plan die Dringlichkeitsstufe „Vordringlicher Bedarf“. Für diese Maßnahmen besteht ein uneingeschränkter Planungsauftrag für die Straßenbauverwaltung: Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung und Bauvorbereitung können eingeleitet oder weitergeführt werden.

„Es ist ein gewinnbringendes Projekt für alle. Die Vorteile liegen auf der Hand, die Einwände sind für mich weniger offensichtlich“, sagte — stellenweise unter Buhrufen — Carsten Träger. „Seit über 50 Jahren kämpfen wir in Stein für eine Umgehung, wir haben es mit der U-Bahn-Erweiterung versucht und sind an den Förderkriterien gescheitert. Diese Umgehung ist unsere letzte Chance“, erklärte Daniel Stanin, Vorsitzender des SPD-Ortsverbandes Stein. Auch wenn die Belastung nur zu 50 Prozent von externen Verkehrsteilnehmern verursacht werde, bringe die Umgehung mit Tunnel immer noch eine erhebliche Entlastung für Stein.

Diese Pläne bezeichnete Stanins Genossin Helga Engels als „Mogelpackung“. Die Ortsumgehung würde parallel zur A 6 verlaufen und so eine zweite Magistrale schaffen. Das hausgemachte Verkehrsproblem Steins würde nicht gelöst. Man wolle 131 Millionen ausgeben, ohne vorher eine vernünftige Analyse zu erstellen.

Der Nürnberger SPD-Stadtrat Thorsten Brehm kritisierte, für diese Summe müsse man ein Problem mindern oder lösen, aber nicht den Nachbarn zuschieben. Er befürchte eine erhöhte Verkehrsbelastung für den Nürnberger Süden. Zwar seien die Förderkriterien für eine U-Bahn-Anbindung derzeit nicht gegeben, deshalb müsse man aber alles tun, um die dahingehend nötigen Weichen in Berlin zu stellen.

Zuhörer äußerten außerdem technische Bedenken, gerade was die Tiefe und starke Steigung des geplanten Tunnels angeht. Außerdem sei der Kreisel an der Wiener Straße im Hafengebiet den Belastungen nicht gewachsen. Martin Burkert hofft, dass mit einem geplanten Beschluss des Bundestags zumindest der Mautausweichverkehr ab Mitte 2018 wegfällt.

Ein weiterer Streitpunkt bei der Veranstaltung war die auf 116 Millionen Euro projektierte Nordanbindung des Nürnberger Flughafens an die A 3. Im BVWP ist dem Projekt die Dringlichkeitsstufe „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ zugewiesen. Damit ist es eher hintangestellt. „Mir erschließt sich nicht, warum das Projekt dort immer noch auftaucht“, sagte Karlheinz Landrock von der Siedlervereinigung Buchenbühl. Er kritisierte, dass ein Beschluss des Stadtrates, sich von den Plänen zu verabschieden, nicht berücksichtigt worden sei.

Laut Landrock werden im BVWP viele Probleme nicht erwähnt, etwa die Belastung des Bodens mit perfluorierten Tensiden (PFT) infolge von Übungslöschungen der Feuerwehr. Man solle lieber Mittel freimachen für wichtige Projekte.

Für die Anbindung an die A 3 ist eine Untertunnelung des Flughafens geplant. Wolfgang Heit von der Reichelsdorfer SPD befürchtet, dies könnte Nürnberg für Terroristen attraktiv machen, die unter der Landebahn etwa einen Lkw zur Explosion bringen könnten. Bevor im Sommer das Bundeskabinett und anschließend der Bundestag endgültige Beschlüsse in Sachen BVWP fassen, kann sich bis 2. Mai die Öffentlichkeit beteiligen.

Alle Projekte sind einsehbar unter www.bvwp-projekte.de Stellungnahmen aus der Bevölkerung sind postalisch sowie online unter www.bmvi.de möglich.

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