Streetspotr: Geld verdienen als Straßendetektiv?

17.8.2012, 08:56 Uhr
Streetspotr: Geld verdienen als Straßendetektiv?

© Daniel Karmann, dpa

Für den ersten Job an diesem Tag braucht Hermann Boeken gerade einmal drei Minuten. Der Diplom-Informatiker steht im Polo-Shirt in der Sonne und fotografiert mit seinem Smartphone ein Nürnberger Kaufhaus. Nun muss er im Internet ein paar Fragen über den Eingangsbereich der Filiale beantworten. Mit mehreren Fingern tippt Boeken schnell ein paar Sätze in sein Handy. Dann ist der Mini-Job erledigt. Die Belohnung: Drei Euro und 30 Punkte in der Streetspotr-Community.

Seit Anfang des Jahres können sich Menschen in Deutschland bei der Smartphone-App Streetspotr kostenlos anmelden. Vor allem in größeren Städten können die Hobby-Detektive verschiedene Aufgaben erledigen: Sie fotografieren Speisekarten, dokumentieren Öffnungszeiten, bewerten Produkte oder testen den Service einzelner Geschäfte. Manchmal gibt es dafür sogar Geld: mal einen Euro, mal zwei. Bei besonderen Aufgaben kann man sogar 30 Euro verdienen. Für unbezahlte Jobs bekommen die sogenannten Streetspotr zumindest Punkte, um sich in der Streetspotr-Rangliste vorzuarbeiten und besser bezahlte Jobs freizuschalten.

Auftraggeber sind zum Beispiel Online-Plattformen, die schnell und günstig an Daten kommen wollen, oder andere Firmen, die die Jobs bei dem Nürnberger Jung-Unternehmen Streetspotr mit elf Mitarbeitern anmelden. Boeken wurde über die Kurznachrichten-Plattform Twitter auf Streetspotr aufmerksam – und war gleich begeistert. „Anfangs war ich mehrmals in der Woche unterwegs“, erzählt der 48-Jährige.

In der Streetspotr-Rangliste stand der Diplom-Informatiker zwischenzeitlich auf Platz eins. 212 Jobs hat er bislang erledigt – und dafür 182,50 Euro erhalten. Boeken ist einer von derzeit 75.000 Nutzern in Deutschland. Die meisten von ihnen sind in Berlin unterwegs. Allein in den vergangenen beiden Monaten ging die Zahl der Mitglieder nach Angaben des jungen Unternehmens bundesweit um das Siebenfache nach oben. Bald soll es auch in Österreich und der Schweiz Aufgaben zu erledigen geben.

Die steigenden Mitgliederzahlen offenbaren aber auch ein Problem: Damit das Konzept aufgeht, braucht Streetspotr möglichst viele Auftraggeber, die Jobs anmelden und bereit sind, dafür Geld auszugeben. „Wir haben einen Jobmangel“, räumt Streetspotr-Geschäftsführer Werner Hoier ein. Insgesamt gebe es momentan etwa 35.000 Aufgaben, die meisten davon seien unbezahlt.

Der Jobmangel verärgert die Nutzer, auch wenn sie Streetspotr bislang die Treue halten. „Früher konnte man einfach drauf losgehen, man hat eigentlich immer was gefunden“, sagt Boeken, der die „liebevolle Umsetzung“ der Streetspotr-App lobt. „Mittlerweile geht das nicht mehr.“ Nicht nur den Nutzern, auch Streetspotr gehen dadurch Einnahmen durch die Lappen. „Wir schreiben noch keine schwarzen Zahlen“, sagt Hoier. Angaben zum Umsatz möchte er nicht machen. Sollte es bis 2014 nicht gelingen, Gewinn zu machen, würde aber auch er an dem Geschäftsmodell zweifeln. Solange will die Streetspotr-Crew noch für ihre Idee kämpfen.

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