Strip beim Jonglieren: Wie zwei Nürnberger Wettkönige wurden

10.12.2014, 06:00 Uhr
Strip beim Jonglieren: Wie zwei Nürnberger Wettkönige wurden

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Es war eine Wette, die vielen im Gedächtnis blieb: zwei junge Kerle tauschen Hemd, Hose, Jacke und Schuhe miteinander während sie drei Keulen jonglieren. Drei Minuten haben sie dafür Zeit, zwei Teile dürfen auf den Boden fallen. An diesem Abend aber fällt nichts herunter, in letzter Sekunde werfen sie sich die Hüte zu, das Publikum ist begeistert. Und wählt die Nürnberger zum Wettkönig-Duo.

Strip beim Jonglieren: Wie zwei Nürnberger Wettkönige wurden

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18 Jahre sind seit dem Auftritt 1996 in Hannover vergangen. Siegfried Mai bleibt trotzdem noch immer das Herz stehen, wenn er die Videoaufzeichnung von damals anschaut. "Das war schon eine enge Nummer", sagt der 45-Jährige und lacht.

Denn bei den Proben war vorher immer etwas schiefgegangen. "Das erste Mal, dass es perfekt geklappt hat, war tatsächlich erst in der Sendung", erzählt sein Kompagnon Christian Rädeke.

In einer Erlanger Jonglier-Gruppe hatten sie sich kennengelernt. Dann beschlossen der BWL-Student und der chemisch-technische Assistent, nebenbei aufzutreten. Für ein Modehaus entwickelten sie die Nummer mit dem Klamottentausch. Mais Mutter bestückte die Kleider mit Klettverschlüssen, damit sie sich schneller ausziehen ließen. Das gefiel dem Chef der Eventagentur so gut, dass er sie heimlich bei "Wetten, dass..?" anmeldete. Zwei Wochen vor der Sendung kam der Anruf, sie könnten spontan als Ersatzkandidaten einspringen.

Zehn Tage später sitzen Mai und Rädeke hinter den Kulissen der Show. Stars wie Sting oder Arnold Schwarzenegger kreuzen ihre Wege. Hugh Grant ist ihr Wettpate. Und wettet gegen sie. "Der hat sich nicht viel um uns gekümmert", erzählt Rädeke. Was ihnen aber herzlich egal ist. Während manch andere Wettkandidaten auf den ersten Platz spekulieren, haben die beiden Franken nur ein Ziel: nicht als Volltrottel mit heruntergelassenen Hosen dazustehen. Immerhin schauen damals noch 18 Millionen zu.

Als letzte Wette, um 22 Uhr, sind sie eingeplant, aber Gottschalk überzieht. Eine Stunde länger müssen der 27-Jährige und der 29-Jährige auf ihren Einsatz warten. Und bibbern. Der Applaus, der bei den vorherigen Kandidaten aufbrandet, macht die Nervosität nicht besser. "Das war ein Gefühl zwischen ,Ich will jetzt heim‘ und ,Ich mach mir gleich ins Höschen‘", sagt Rädeke. Dann legt ihnen der Assistent die Hand auf die Schulter: "Raus, jetzt!" Dann denken die beiden nichts mehr. Auch Gottschalks flapsige Sprüche kriegen sie erst im Nachhinein erzählt. "Wir waren ja total mit uns beschäftigt", sagt Mai.

Sie jonglieren. Lässig, fehlerlos. Und gewinnen am Ende mit 43 Prozent ganz knapp vor der Außenwette. 4300 Mark ist ihr Preis. "Das ist sofort auf dem Konto verdampft", lacht Rädeke.

Nach der Sendung feiert das Duo im kleinem Kreis mit den anderen Wettkandidaten und Gottschalk. Der Showmaster gratuliert den "Jungs" überschwänglich. Die müssen den Erfolg erst mal verdauen. Sie freuen sich, hoch erhobenen Hauptes und nicht, wie befürchtet, „mit einer Tüte über dem Kopf“ nach Nürnberg heimreisen zu können. Dort sind Freunde und Familie aus dem Häuschen. "Vorher wurden wir oft belächelt", erzählt Rädeke. "Danach gab es keinen dummen Spruch mehr."

Ihr Auftritt bei "Wetten, dass..?" wird zum Startschuss, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. In Spanien, Ungarn, Hongkong und Schanghai wird das Duo gebucht, ihr Anrufbeantworter quillt über vor Angeboten. Ein halbes Jahr lang dauert der Hype, dann wird es ruhiger.

Heute schauen sie auf eine 20-jährige Bühnenkarriere zurück, sind als Duo "Ebel&Mai" gut im Geschäft, spielen mit ihrem Mix aus Comedy und Artistik auf Kleinkunstbühnen, Varietés und Firmenveranstaltungen. In Teilzeit gehen sie "normalen" Berufen nach. Mai in der Werbung, Rädeke als Baumpfleger. Das Highlight ihrer Shows ist immer noch die "Wetten, dass..?"-Nummer. Live zu erleben sind sie etwa vom 9. bis 11. Januar im Novina-Hotel Herzogenaurach.

Tausendmal gespielt

Tausendmal haben sie sie gespielt, oft wurde sie kopiert. Dass ein anderes Duo mit ihrer Erfindung ausgerechnet einen Innovationspreis gewonnen hat, ärgert die beiden. Aber sie sind zufrieden mit dem, was sie erreicht haben. Auch wenn der internationale Durchbruch nicht gekommen ist. Als Familienväter haben sie ohnehin andere Prämissen.

"Schon schade", finden sie das Ende der ehemaligen Kultsendung. "Die Show hat es möglich gemacht, dass wir unseren Traum leben konnten", sagt Mai. Die letzte Sendung am Samstag werden sie aber nicht anschauen können. Denn da stehen sie in einem Erfurter Varieté selbst auf der Bühne. Um ihre Anzüge zu tauschen. Zum 1001. Mal.

Den Auftritt bei "Wetten, dass...?!" gibt es auf der Homepage der beiden Nürnberger zu sehen.

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