Tag des offenen Denkmals: Nackte Tatsachen im Baumeisterhaus

14.9.2015, 06:00 Uhr
Tag des offenen Denkmals: Nackte Tatsachen im Baumeisterhaus

© Eduard Weigert

Auch durchaus Freches war dabei. Wer nämlich die prächtige Stuckdecke des Baumeisterhauses am Nürnberger Bauhof genau betrachtet, entdeckt Überraschendes wie kugelrunde Kinderpopos oder ein nacktes Kerlchen, das auf die Gäste herablächelt. Putten, Ornamente und Fratzen bevölkern die barocke Decke im Erdgeschoss des alten Baumeisterhauses. Droben im dritten Stock dürfen sogar die gediegenen Räume von Baureferent Daniel Ulrich inspiziert werden. Insgesamt 800 Bau- und andere Denkmäler in ganz Bayern hat das Landesamt für Denkmalpflege zur Besichtigung freigegeben.

Unter der pastellfarbenen Pracht des Saales am Bauhof, die in den 1970er Jahren rekonstruiert worden ist, tagen sonst Ausschüsse. Am Tag des offenen Denkmals durchstreifen neugierige Menschen den Saal, dem der italienische Stuck-Spezialist Carlo Moretti Brentano im 17. Jahrhundert seinen Stempel aufgedrückt hat. Jakob Wolff der Jüngere, Architekt des gleichnamigen Rathauses, hat das prächtige, 1615 fertiggestellte Baumeisterhaus im Bauhof entworfen. Lange war es eine Schule, in den 1930er Jahren wurde es wieder zum Sitz der Nürnberger Baumeister.

Die Böden knarzen, einen Aufzug gibt es in dem 400 Jahre alten Haus nicht. Im dritten Stock empfängt der Hausherr, Baureferent Daniel Ulrich. Früher hätten seine Vorgänger Residenzpflicht gehabt, hätten also im Haus mit dem mächtigen Zwerchgiebel wohnen müssen, erzählt er. Ulrich dagegen darf in Erlangen wohnen bleiben.

Ausgrabungsfeld im Fokus

Auch ein ganz besonderes Ausgrabungsfeld stand im Fokus des Denkmal-Tages. So nah kommt man sonst nicht an das Trümmerfeld heran, das derzeit auf dem Nürnberger IHK-Gelände unterhalb der Sebalduskirche freigelegt wird. Dass Nürnberg schon um 850 herum besiedelt war, ist eine der spektakulären Erkenntnisse, die das Team um Stadt-Archäologe John Zeitler hier gewonnen hat; plötzlich ist die Stadt 100 Jahre älter.

Bis zu sechs Meter tief reicht das Feld, das noch bis Jahresende beackert wird. Die Besucher dürfen sich übers Geländer beugen und alte Mauerreste, glitzerndes Glas, das im letzten Weltkrieg in den Kellern verschüttet wurde, und Reste von Knochen betrachten. Noch bis zum Jahresende soll hier weiter gebuddelt werden.

Auch in Erlangen, Forchheim, Neumarkt, Herzogenaurach und weiteren Städten und Gemeinden in der Region öffneten sich am Tag des offenen Denkmals Türen, die sonst verschlossen bleiben.

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