Technischer Komfort für die Bahn und ihre Kunden

25.7.2017, 16:30 Uhr
Technischer Komfort für die Bahn und ihre Kunden

© Foto: Martin Busbach/obs/Deutsche Bahn AG

"Wir machen "embedded" Elektronik, also eingebettete Technologien, die man eigentlich nie sieht", erklärt MEN-Gründer und -Geschäftsführer Manfred Schmitz bei der Entgegennahme des Preises - und fügt fast ein bisschen stolz hinzu: "Aber als ich vor ein paar Tagen auf Dienstreise war, habe ich in einem Raum im Zug tatsächlich einen unserer Rechner entdeckt."

Doch nicht nur in Zügen landen die Systeme des Unternehmens aus Ziegelstein: Auch Schiffe, Atomkraftwerke, Flugzeuge oder Medizintechnikgeräte werden von MEN ausgestattet. Wie passt das zusammen? Ganz einfach, sagt Schmitz. "Die Grundlage ist immer ein sicherer und robuster Rechner. Den liefern wir als Plattform für alle möglichen Anwendungen."

Das nun preisgekrönte Produkt, mit der bereits alle ICE-Züge der Deutschen Bahn ausgestattet sind, verwendet ein einziges Rechnersystem für alle Anwendungen rund um die Züge - vom Unterhaltungsprogramm für die Fahrgäste bis hin zur Wartungselektronik einzelner Zugteile. Bislang benötigte jede Anwendung einen eigenen Rechner.

Vor allem die Wartung erzeugt riesige Datenmengen, bestätigt Jens Haeger, der als Vertreter der Deutschen Bahn an der Preisverleihung in Nürnberg teilnahm. Diese seien bislang auf unterschiedlichen Servern eingelaufen und könnten nun mit dem neuen System allein über die Software ausgewertet und gesteuert werden. Soll etwa die Wartung einer Zugtür nach 500 Öffnungs- und Schließvorgängen erfolgen, so meldet das System rechtzeitig, wann diese Zahl erreicht sein wird. Durch die Vernetzung sei es nun aber auch möglich abzufragen, welche Wartungen sonst noch anstehen, erklärt Schmitz’ Geschäftsführer-Kollege Bernd Härtlein. "So kann die Instandsetzung eines Zuges rechtzeitig geplant und mehrere Arbeiten zusammen durchgeführt werden."

Zugausfall nicht denkbar

Dass eine Störung beim Server den ganzen Zug lahmlegen kann, soll aber nicht möglich sein, beruhigt Härtlein: "Auf diesem Server laufen nur Anwendungen, die nicht sicherheitsrelevant sind, also beispielsweise die Beleuchtung, das Unterhaltungsprogramm oder die Platzreservierung." Alles, was einen ICE am Laufen hält, laufe über eine separate Hardware, die durch eine andere Sicherheitsarchitektur geschützt sei. Härtlein erklärt das an einem Beispiel: "Die Funktion der Türen ist sicherheitskritisch. Bei einem Defekt fährt der Zug nicht. Die vorbeugende Wartung der Türen läuft hingegen über unseren Server, der aber auch so abgesichert ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls im Promillebereich liegt."

Technischer Komfort für die Bahn und ihre Kunden

© Marion Stephan/CNA

Das alles merken Bahnkunden in der Regel nicht, wohl aber den neuen Service, wie DB-Mann Haeger sagt. Der biete über eine eigene Homepage vor allem zwei Komponenten: Service rund um die Zugfahrt und Unterhaltung während der Reise. Letzteres beinhalte Zugang zu Filmen, Nachrichten und Internet. Mittels Roaming soll eine konstante Internetabdeckung während der gesamten Zugfahrt gewährleistet werden.

Reisenden, die Anschlusszüge erreichen müssen, ist vermutlich noch wichtiger, dass sie per Smartphone oder Notebook ihren Zug in Echtzeit verfolgen können und immer genau wissen, wo auf der Strecke sie sind – und wie gut sie im Zeitplan liegen. "Das ist viel mehr als der reine Fahrplan", sagt Haeger, selbst Umleitungen würden angezeigt. Einen Rat hat er dennoch: "Das Gespräch mit dem Zugbegleiter lohnt sich weiterhin, denn der kann manchmal dafür sorgen, dass ein Anschlusszug wartet."

Dem Entwickler geht der Service, den die Bahn mit "seiner" Innovation bietet, aber noch nicht weit genug: "Ich würde mir auch eine Vernetzung wünschen, die auch Anschlussflüge anzeigt", gibt Manfred Schmitz dem DB-Vertreter mit auf den Weg. Der hält das für nicht ausgeschlossen, technisch sei das denkbar – und eine Vernetzung mit Carsharing-Anbietern oder Fahrradverleihern an den Zielbahnhöfen gebe es immerhin schon. Auch eine Vernetzung von Zügen miteinander ist technisch möglich.

Für MEN war das preisgekrönte System ein lohnendes Projekt, denn nicht nur mit der Deutschen Bahn gab es eine Kooperation in Sachen Nachrüstung von Zügen. Auch die sogenannten Erstausstatter, also die Hersteller von Zügen, etwa Siemens, zählen zu den Kunden, erklärt Geschäftsführer Schmitz. Laut Bernd Härtlein habe sich allein das Bahngeschäft im "mittleren einstelligen Millionenbereich" bewegt. "Für einen Mittelständler ist das schon ein ziemlich großes Projekt", so Härtlein. Doch wie es aussieht, hat MEN sich im Markt etabliert. Wie Härtlein sagt, gebe es in Deutschland "keine fünf Firmen", die eine Zulassung für Kernkraft, Luftfahrt und Bahn haben.

Mehr Platz für Mitarbeiter

Der einstige Drei-Mann-Betrieb - Manfred Schmitz war da schon mit von der Partie - hat sich seit 1982 aus der sprichwörtlichen Garage heraus zum Unternehmen mit 300 Mitarbeitern gemausert, das neben dem Hauptsitz in Nürnberg mittlerweile Niederlassungen in China, den USA und Frankreich hat. "Wir platzen hier in Nürnberg aus allen Nähten", sagt Bernd Härtlein. Deshalb wird der Firmensitz in Ziegelstein erweitert, auch für künftige Mitarbeiter, die dringend gesucht werden. Der Spatenstich für den Neubau wird demnächst erfolgen.

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